Flüssigkeit zum härten

25. Juli 2011 um 23:03
Nabend Freunde der heissen Kunst,

hab mich mal wieder durch die Welt der bunten Videos gekämpft. Und wurde mal wieder fündig.
Sehr interessanter Beitrag über die Entstehung von schwertern.

www.youtube.com/watch?v=zVd2ovtr_0I&NR=1

Ich persönlich hätt noch ne Frage zum Inhalt.

Bei der Stelle 5 Min. 40 Sek. wird eine "Esenz" erwähnt. Wer von Euch hat ne Ahnung um was es sich dabei handeln könnte.

Viel Spass beim Anschauen!


MfG


Ingo

 
http://naabtal-klinge.de/

........ Eins bist du dem Leben schuldig, kämpfe! oder trags mit Ruh - Bist du Amboss, sei geduldig. Bist du  Hammer schlage zu!..........

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Es sind die Fantasten, die die Welt in Atem halten und nicht die Erbsenzähler!
26. Juli 2011 um 09:54
Hi Ingo

Also mir stehen die Haare oft zu Berge wenn ich mir diese Sendungen wie Galileo oder so anschaue.

Den Drang die Vorgänge zu Mystifizieren wie das Härtemedium Essenz zunennen und so weiter find ich grauenvoll aber macht simple Sachen interessanter.

Im Rahmen meiner Arbeit im Museum beschäftige ich mich jetzt seit rund zehn Jahren mit alten Methoden des Schmiedens des Härtens und des Aufkohlens.
Ich habe einen Menge Versuche gemacht mit zum Teil sehr ekeligen Zusätzen die ich in alten Unterlagen gefunden habe oder mir durch alte Schmiede erzählt worden sind, wie Urin diverse natürlichen Gerbsäuren ,Salze, alle möglichen Arten von Öle aber auch Ummantelungen mit Kohlenstoff abgebenden Substanzen (tierischen Stoffen, wie Haare, Horn, Leder etc.,
Cyanverbindungen FINGER WEG DAVON!!!)usw...
Das Härtemedium ist abhängig von dem Stahl den du nutzt die Abkühlungsgeschwindigkeit die du ereichen willst und einiges mehr, die meisten Zusätze wirken sich auf die Abkühlgeschwindigkeit aus wie z.B Salz einige Zusätze sollen auch die Oberflächigen Eigenschaften beeinflussen wie Rostresistenz erhöhen oder die Oberfläche härter machen u.s.w.
Hier kochen die meisten Schmiede ihre eigene Suppe und glauben auch daran .
Also bei allen Versuchen habe ich keine wesentliche Unterschiede festgestellt ausser das einige Brühen fürchterlich gestunken haben .Es gibt mit Sicherheit Veränderungen durch Zusätze aber für uns kleinen Schmiede sind sie nicht so relevant.
In den Film taucht er die Klinge in die !!Essenz!! und dann zieht er sie wieder nach zu kurzer Zeit heraus um sie dann ins Wasser zu tauchen. Bei der Essenz handelt es sich um ein Öl würde ich sagen durch die auftretenden Flamme ,sie soll die Klinge nicht durchhärten also auch hier geht es nur um die Abkühlgeschwindigkeit um eine Durchhärten zu Verhindern nix mystisches ,Rapsöl würde hier reichen.

Hier bei handelt es sich um meine Persönliche Erfahrung und Meinung also Fehler sind genug da sag mir wenn ihr welche endeckt.
Beim Thema Härten ist es wie mit den Frauen dem einen gefallen die Blonden den anderen die Schwarzen aber am ende wirds ......:-) (Den Damen hier sorry....)

Lieben Gruss Dietmar
27. Juli 2011 um 21:14
Nabend,

hab mir sowas schon gedacht.

Ich habe anfänglich auf ein sehr dünnflüssiges Öl getippt. Da meiner Meinung nach, die Viskosität eines Mediums das A und O bei der Abkühlgeschwindeigkeit darstellt.

Also doch:

Er schreckt das Werkstück anfänglich "weicher" ab, so daß die Oberfläche nicht zu sehr unter Spannung gerät. Warscheinlich wegen der grossen Länge der Verschweissung. Um sicherer zu gehen, daß die Naht hält.
Danach gibt er so zusagen dem Werkstück den "Rest" in dem er es ins Wasser taucht, um genug Härte für die Schnitthaltigkeit zu erreichen.

:-D

MfG

Ingo

 
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27. Juli 2011 um 21:31
Noch besser wäre Warmbad Härten, so weit abkühlen dass Du an der Perlitnase vorbei kommst während sich dann beim weiteren Abkühlen an Luft der Martensit bildet hast Du noch genug Zeit zum Richten falls sich was verzogen hat.

Viele Grüße
Peter
meine Homepage

Einfach nur schön das Schmiedeleben



28. Juli 2011 um 09:22
Hi Peter
Erklär doch mal was du mit dem Wärmebad härten meinst.


Also um die Sache hier im Forum abzurunden wäre es vieleicht nicht schlecht ein Posting über das Härten zu beginnen in
dem wir unsere Methoden beschreiben Tips und Tricks sammeln ,denn das Härten ist auch heute noch für mich der Teil der mir nicht am schwierigsten fällt aber wenn Ausschuß dann dort.Themen wie zum Beispiel :Verzug im Damast ,spannungsarm Glühen, Temperaturen erkennen ,Anlassen, partizielles Härten arbeiten mit Härtepasten und Ummantelungen wie beim Feilen härten u.s.w. Vor allen für die Anfänger aber auch denn Profis könnte dies doch sehr interessant sein.

Also sobald ich etwas Zeit habe werd ich mal meine Erfahrungen zusammen tragen.

Gruss Didi
28. Juli 2011 um 16:14
Hi Dietmar.
Ein sehr wichtiger Faktor ist, meiner Meinung nach, die verwendeten Stähle genau zu kennen. Ich hab damit aufgehört das Vormaterial für meinen Damast beim Schrotthändler meines Vertrauens zu holen. Nach Zusagen was das wäre, Materialvorbereitung etc, und dann doch zu scheitern und nicht wissen warum, verwende ich nur noch genau definierte Stähle. Da isses dann möglich etwaige Fehler zu suchen und auch zu finden. Genauso gibts dann Tabellen u. Beschreibungen welche Temperaturen und Medien zum glühen und härten verwendet werden.
Zum Thema "Essenz": und wenn a bisserl a Mythos und Geheimnis (für Außenstehende)bleibt isses ja auch nicht schlecht, oder? wie in alten Zeiten eben...
Ich verwende bei ölhärtern mineralisches Härteöl, ansonsten auch Wasser (ev. mit a bisserl Seife) oder Luft.

lg

Walter
28. Juli 2011 um 19:23
Hallo Dietmar,

man muss in einer bestimmten Zeit auf eine bestimmte Themperatur abkühlen damit sich kein Perlit bildet.
Wenn das z.B. 300 C° sind verwendet man ein Abschreckmedium das siese Themperatur hat.

Die Themperaturen sind je nach Stahl unterschiedlich, man sollte also schon wissen womit man arbeitet.
Die Daten kann man dann dem ZTU Schaubild (Zeit Themperatur Umwandlung) entnehmen, dieses findet man im Datenblatt des Stahls.

Die Datenblätter gibt es im Internet wenn man nach der Werkstoffnummer sucht.

Viele Grüße
Peter
meine Homepage

Einfach nur schön das Schmiedeleben



27. Juli 2013 um 14:52
Tach auch!

Also das mit der Essenz hört sich für mich lustig an... Halt typisch für Leute die eigentich garnicht wissen wie es geht...

Zum Thema Härtemedium:

Die drei Klassiker: Wasser, Öl und Luft

Und die lassen sich dann auch noch deutlich unterscheiden...

Wasser kann mit Zusatz von Salz zum schrofferem abschrecken gebracht werden...

Oder als Emulsion ein milderes Abschrecken erreichen...

Öle zum Härten gibt es viele... Habe da auch mal einige wilde und stinkende und brennende Versuchsreihen durchgezogen!

Und folgendes herausgefunden: diverse  Pflanzenöle sind nicht verkehrt und wirken zudem desoxidierend, d. h. viel weniger Schleifarbeit. Allerdings brennen die auch ziemlich gut und schnell.

Altöl und alles von dem man nicht weiß, was es ist taugt nicht sonderlich... da dadurch unberechenbare Fehlerquellen und auch ziemliche Verkrustungen auf den Stahl kommen können. Unnötiger Ausschuss und Arbeit sind die Folge.

Ich persönlich bin zum Schmierstofffachhandel gegangen und habe mich da beraten lassen. Habe jetzt ein Öl mit mittlerer Abschreckwirkung und einem hohen Flamm- und Zündpunkt. Es wirkt desoxidierend und über eine beiliegende Tabelle kann ich auch die Härtegeschwindigkeit über die Temperatur des Öles noch ein wenig variieren. Tolle Sache dass...

Zum Thema tauchen in die "Essenz" und dann in Wasser... Ist für mich logisch! Erst Härten im passenden Medium bis unter Umwandlungstemperatur... Anschließendes Abkühlen im Wasser bis auf "Handwärme" damit ist das Handling doch wohl wesentlich erleichtert! Klarer Fall! Das haben wir in der Werkzeugschmiede in der ich gearbeitet habe genauso gemacht...

Hoppla! Luft fehlt ja noch!

Abschrecken an Luft: Ruhende Luft als langsamste Möglichkeit
                              Bewegte Luft als erste Steigerung (Luftstrom eines Essenventilators)
                              Pressluft wenns wirklich schnell gehen muss

Und Tabellen helfen nicht immer! Für besonders große oder auch kleine Bauteile solte man mal einen Versuch fahren wie man am besten mit der Härte hinkommt... Es gibt dann nämlich auch noch eine ganze Kiste Tricks wie man mit Wasser oder Öl Härten kann und ohne anzulassen trotzdem nicht glashart sondern bei Gebrauchshärte steht...

Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!

Worschdsub
27. Juli 2013 um 21:35
Da gibts ja noch die Wieland Sage...

Und er zerfeilte das Schwert und verfütterte es an die Enten... Das geht in Richtung der Essenz!
30. Juli 2013 um 19:08
Hallo Worschdsub,
wenn ich die Wielandsage etwas ergänzen darf:
- das schwert wurde dreimal zerfeilt
- die Feilspäne wurden Gänsen zum fressen gegeben
- dann wieder geschmiedet zum Schwert (Metallurgie vorausgesetzt )
- es passiert folgendes
- im Magen der Gänse werden Schwefel und Phosphor (schädliche Bestandteile ) gebunden
- der Stahl wird also reiner, besser schmiedbar und härtbar
- ein geringer Zusatz an Stickstoff diffundiert auch noch ein
Mit der Essenz hats leider nichts zu tun.
Da sind die Vorredner - Wasser, Öl, Salz und Luft auf der richtigen Spur.
Auch heute gibt es allein für Wasser zahlreiche Zusätze und Tricks.
- los gehts bei Regenwasser , sehr mild ,verzugsarm
- normales Leitungswasser , abgestanden 20°C
- Wasser mit Kalk, auch mild
- die andere Seite
- Wasser mit Kochsalz 10%
- Wasser mit AS 135 auch 10%
- Wasser mit Zyan 3%
- das schroffste Wasser mit Natronlauge 10%
Für uns als Messerhärter fast alles zu schroff.
bei unseren Querschnitten genügt warmes dünnflüssiges Öl (60°C am besten )
Kann man noch mehr dazu sagen , vieleicht in dem angestrebten Blog über härten und abschrecken,
bringe mich gerne mit ein.
Tschüss fritz
5. August 2013 um 07:36
man muss in einer bestimmten Zeit auf eine bestimmte Themperatur abkühlen damit sich kein Perlit bildet. Wenn das z.B. 300 C° sind verwendet man ein Abschreckmedium das siese Themperatur hat.

@schakaa meinst du jetzt Bainitisches härten ?,da ich im Blei auf Härtetemperatur gehe...aber bis her haben sich bei mir noch keine Vorteile herausgebildet um in diese Richtung zu gehen in "unseren" Anwendungsbereichen.

Gruß Maik
Homepage
5. August 2013 um 13:12
Hallo Malik, das ist kein bainithärten.beim bainithärten wird das härtegut auf Temperaturen um die 300-400 grad gehalten.
Beim warmbadhärten erfolgt die Umwandlung an der Luft und zwar zu martensit.
Wenn man auf der bainittemperatur hält entsteht ein mischgefüge,das sogenannte zwischenstufengefüge,das ist für Messer uninteressant,
Ist viel zu weich, hat seine Qualitäten im zähigkeitsbereich und in der Lebensdauer bei wechselbelastung und dauerschwingungen.
Sehr gute Feder Belastung.
Ist bei der Eisenbahn erfunden worden, für die dauerschwingbelastung bei tellerfedern.
Mittlerweile werden sogar Gussteile bainitisiert, ist sehr im kommen, aber wie gesagt nur für Zähigkeit .
Tschüss fritz
5. August 2013 um 17:12
Screenshot_2013-08-05-16-34-16-1-1629157248.jpg
Nein, ich meine das martensitische Härten, hier mal am Beispiel des 1.2842.
Die Line wo das P steht ist die sogenannte Perlitnase.
Sie liegt bei diesem Stahl zwischen 10 und 10² Sekunden . Kühlt man also in 50 Sekunden im Warmbad auf 400 C° ab kommt man nicht in diesen Bereich.

Da die Martensitbildung erst bei 180 C° anfängt kann man so lange richten bis  200C° (an der Luft) erreicht sind.
200 C° um etwas Sicherheit zu haben.

Dann würde ich nochmal ins Abschreckmittel gehen und bis 60 C° abkühlen.
60Cº ist die beste Temperatur um in den Anlassofen zu gehen da hier die Martensitbildung abgeschlossen ist und die Spannungen noch nicht so extrem sind wie wenn man ganz auf Raumtemperatur abkühlt.

Zum Glück gibt es diese Datenblätter für alle gängigen Stähle man braucht also nicht raten.
Bei Damast sollte man die Datenblätter aller verwendeten Stähle mit einbeziehen bzw. sich nach dem Stahl mit den kürzesten Umwandlungszeiten richten.

Natürlich hat man nicht immer das optimale Equipment für so eine Wärmebehandlung aber mit den Werten aus dem Datenblatt hat man einen guten Anhaltspunkt so dass man auch mit einfacheren Mitteln zum Ziel kommen kann.

Viele Grüße Peter
meine Homepage

Einfach nur schön das Schmiedeleben



Zuletzt bearbeitet: 5. August 2013 um 22:00, Peter Bühl