Welche Größe beim Esseisen / Feuerschüssel wählen?

2. Januar 2015 um 12:37
Hallo, ich hätte da mal eine Frage und hoffe auf ein paar gute Antworten von euch Fachleuten und erfahrenen Schmieden.

Was habe ich vor?
Ich möchte mir eine mobile Kohlenesse (Feldschmiede) bauen. In dieser Esse soll aber eine gekaufte Feuerschüssel / Esseisen betrieben werden. Hier gibt es ja bei Angele und Becma verschiedene Esseisen, die unterschiedlich groß und tief sind und es gibt unterschiedliche Gebläse für diese Esseisen, die sich in der Luftleistung / Luftmenge unterscheiden. Welche Esseisengröße und welche Luftleistung für das Gebläse würdet Ihr mir empfehlen? Es geht hier übrigens um normale rechteckige Esseisen /Feuerschüsseln mit einer runden Luftzuleitung von unten mittig und mit Schlackefaust, die auch zur Regulierung der Zuluft dient.

Meine bisherigen Gedanken:
So ohne weitere Recherchen hätte ich mal zu einer Feuerschüssel mit einem Innenmaß von 23 x 18 x 4,8 cm tendiert, da diese Größe noch sehr preisgünstig zu bekommen ist und vom Kohlenverbrauch her bestimmt auch sehr sparsam ist.

Dazu würde ich ein Radialgebläse mit ca. 380 Kubikmeter/h Luftleistung und 2441 U/min kaufen. Wie schätzt Ihr diese Kombination ein? Funktioniert das und wenn ja wie gut?

Die Frage ist halt, ob ich mit dieser Kombination auch glücklich werde oder ob ich besser in eine etwas größere Feuerschüssel und ein Gebläse mit mehr Luftleistung investiere.

Weitere lieferbare Größen bei den Feuerschüsseln wären 31 x 21 x 6,5 cm oder 28 x 28 x 5,5 cm. Dazu gibt es dann auch Gebläse mit 600 bis 750 Kubikmeter/h Luftleistung.

Meine Werkzeugphilosophie:
Ich kaufe überwiegend preiswertes Werkzeug. Es sollte also seinen Preis auch wert sein. Billigware, die für ihren geringen Nutzen bzw. Haltbarkeit dann doch zu teuer ist, lehne ich ab, da ich das als rausgeschmissenes Geld ansehe. Wenn ein Produkt aber gut bzw. für meine hobbymäßigen Ansprüche gut genug ist und nicht Unsummen kostet, dann ist mir das natürlich auch Recht. Wenn ich aber Zeit und Geld in ein Projekt oder in Werkzeug investiere, dann soll dabei natürlich auch was gescheites herauskommen. Daher lege ich, wenn es wirklich Sinn macht, lieber noch einen Groschen drauf und freue mich über den ersparten Ärger.

Was schmiede ich?
Ich möchte weiterhin normalgroße bis kleinere Schmiedearbeiten im Hobbybereich machen, also Gebrauchsgegenstände, wie Kerzenständer, Haken, Zäune, Gitter, natürlich auch Werkzeuge für die Schmiede und für andere Zwecke und auch Messer, Beile und Äxte. An das Schmieden von Damast habe ich mich bislang noch nicht gewagt, aber das kommt auf alle Fälle noch.

Die neue Esse soll also recht universal einsetzbar sein. Ich werde auch diese neue Kohlenesse im Freien betreiben, da ich in meiner Werkstatt (Garage) keinen Kamin habe. Eine Gasesse aus einer alten 11 kg Gasflasche habe ich auch schon gebaut und die hat auch ihre Vorzüge. Besonders bei schlechtem Wetter, da ich dann drinnen arbeiten kann. Aber manche Arbeiten sind halt in einer Kohlenesse besser zu bewerkstelligen und außerdem gefällt mir das ursprüngliche Schmieden an einer Kohlenesse auch sehr gut und ich würde sehr ungern darauf verzichten.

Warum will ich mir eine neue Esse bauen?
Bis jetzt schmiede ich hauptsächlich in einer selbst gebauten Esse aus einer größeren Stahlfelge mit einem starken Haarfön ohne Warmluftfunktion als Gebläse, die ich im Freien betreibe. Bei dieser Esse kann ich durch die änderbare Anzahl der Lufteintrittsöffnungen auch die Länge des Feuers regeln. Das funktioniert zwar gut, hat aber den Nachteil, dass ich an dieser Esse oft im Rauch stehe, wenn sich beispielsweise der Wind dreht oder wenn kein Wind weht. Das ist mir auf die Dauer zu ungesund, weshalb ich mir die neue Esse mit einem Rauchabzug bauen will.

Vielen Dank für Eure Ratschläge und natürlich ein gutes neues Jahr 2015

Jens Maurer alias "jemau"
2. Januar 2015 um 13:52
Hallo Jemau,

Erst einmal herzlich willkommen im Forum. Zu Deiner Frage:
Die Frage ist halt, ob ich mit dieser Kombination auch glücklich werde oder ob ich besser in eine etwas größere Feuerschüssel und ein Gebläse mit mehr Luftleistung investiere.

Es kommt halt drauf an, was Du machen möchtest. So wie sich Dein Beitrag liest, hast Du schon größere Sachen vor. Daher ist eine kleine Feuerschüssel  / Feldschmiede auf Dauer eher suboptimal. Für den Anfang reicht sie natürlich vollkommen aus.
Tipp: es gab in einem früheren Katalog der Fa. Angele mal eine Matrix mit einem Systemvergleich der diversen angebotenen Essen / Herde / Öfen. D.h. für welche Anwendungszwecke welches Gerät gut/ weniger gut/ eher nicht geeignet ist.
Frag doch mal bei Angele nach, vllt. können die Dir diese Matrix zukommen lassen. Dann kannst Du selber vergleichen.

Viele Schmiedegrüße,

DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
2. Januar 2015 um 15:40
Hallo DerSchlosser,

vielen Dank für die schnelle Antwort!

Was Du schreibst leuchtet natürlich ein. Ich weiß auch, dass in einer größeren Feuerschüssel und mit einem stärkeren Gebläse eine größere Glut und damit eine größere Hitze möglich sind, was dann die Erwärmung von größeren und dickeren Werkstücken zulässt. Und sicher wäre eine Lösung mit einer ortsfesten Esse besser, aber bei mir wird es wohl leider mangels geeignetem Raum bei der suboptimaleren Feldschmiedelösung bleiben müssen.

Ich freue mich ja schon immer, wenn ich in meine zur Werkstatt umfunktionierte Garage komme. Habe da Platz für meine ganzen Werkzeuge, einen fahrbaren 170 kg Amboss, einen 75 kg Amboss, einen fahrbaren, schweren Flaschenschraubstock, einen schweren Parallelschraubstock auf der Werkbank, eine Kohleesse ohne Rauchfang aber dafür mit etwas längerer Feuerschüssel, eine Gasesse, eine gescheite und wuchtige Werkbank, alle notwendigen Elektrokleingeräte, eine Standbohrmaschine, ein Schweißgerät und ich habe normalen Strom, Starkstrom, Wasser, Druckluft und Licht. Und natürlich mit das Wichtigste... einen Radio, keine zwei linken Hände, Ideen, tolerante Nachbarn und eine sehr verständnisvolle Frau Also eigentlich für ein Hobby schon recht gute Voraussetzungen über die ich sehr froh bin

Nur eine weitere, etwas professionellere, mobile Kohleesse mit Rauchfang fehlt mir noch...aber die Planungen laufen ja schon.

Wenn ich jetzt noch wüsste, in welcher Größe ich die Feuerschüssel und das Gebläse wählen soll, dann wäre ich überglücklich ...möchte da halt jetzt keinen Planungsfehler machen und mich nachher darüber ärgern, dass ich die falsche Feuerschüssel und / oder das falsche Gebläse gewählt habe.

Nochmal die konkrete Frage:
Passt denn die Kombi Feuerschüssel innen 23 x 18 x 4,8 cm und Radialgebläse mit 380 Kubikmeter/h Luftleistung zusammen, um vernünftig schmieden zu können? Oder siehst Du, seht ihr das kritsch? Sollte ich eher eine etwas größere Feuerschüssel und / oder ein stärkeres Gebläse wählen?

Wenn ich beispielsweise einen Axtkopf mit ca. 15 x 10 cm und ca. 3 cm Materialstärke erwärmen kann dann reicht mir das aus. Viel größere Materialstärken als 5 x 5 cm (beispielsweise ein Hammerkopf) oder großflächigere Erwärmungen werde ich wohl eher nicht machen. Dazu fehlt mir ja dann auch wieder das passende Equipment und ein Maschinenhammer bzw. ein kräftiger Zuschläger. Und nein, meine nächste Frage wird nicht sein, welches Bärgewicht ein Federhammer idealerweise haben sollte

Deinem Tip mit der Matrix von Angele werde ich natürlich mal nachgehen. Das wäre schon eine feine Sache, wenn ich da fündig werden würde.

Viele Grüße

Jens Maurer (alias "jemau")

Zuletzt bearbeitet: 2. Januar 2015 um 15:42, Jens Maurer
2. Januar 2015 um 17:21
Hallo Leute,

hier bitte:
Angele Katalog 2011, Seite 21
(hoffe es ist mir von der Firma Angele erlaubt, dies hier reinzustellen  )

P1020227.jpg


lg Johannes
"A dream you dream alone is a dream. A dream you dream together is reality"
John Lennon

2. Januar 2015 um 20:46
Hallo Jemau,

ich würde prinzipiell immer zu einer größeren Feuerschüssel raten. Du wirst dich ärgern, wenn du doch mal größere Stücke schmieden willst und deine Esse nicht reicht. Für das Schmieden von kleinen Teilen kannst du den Brennraum z.B. mit zugeschnittenen Feuerleichtsteinen verkleinern. Damit hab ich immer gute Erfahrung gemacht. Allerdings habe ich meine Esse ausschließlich mit Holzkohle geheizt. Wie Feuerleichtsteine mit der Schlacke aus Fettkohle klarkommen, kann ich nicht sagen.

380m³/h sind auf jeden Fall ausreichend für ein großes Feuer. Allerdings musst du nicht nur auf die Luftmenge sondern auch auf den Luftdruck achten. Der wird leider bei vielen Gebläsen nicht angegeben. Das Gebläse sollte schon mindestens 350 Pa Druck aufbauen. Besser mehr.

Gruß Jannis

www.xerxes-knives.de

Wer sich verbrennt, beherrscht das Spiel mit dem Feuer nicht!
2. Januar 2015 um 21:46
Hallo Johannes,

vielen Dank für das Datenblatt. Danach habe ich gesucht, es aber bei Angele auf der Seite nicht gefunden.

Viele Grüße

Jens Maurer (alias "jemau")
2. Januar 2015 um 22:09
Hallo Jannis,

ich danke Dir für Deine Antwort. Wegen der Größe der Feuerschüssel triffst Du den Nagel auf den Kopf. Genau so hab ich mir das auch gedacht, dass ich mich evtl. mal ärgere, wenn ich eine zu kleine Feuerschüssel wähle. Nur auf die Idee mit der Verkleinerung des Brennraumes bin ich bisher noch nicht gekommen. Die Idee ist brilliant. So kann ich bei kleineren Schmiedearbeiten Brennstoff sparen und habe doch Reserven, falls mal größere Werkstücke erwärmt werden sollen.

Wie denken denn andere aus dem Forum über die mögliche Verkleinerung des Feuerraumes beim Erwärmen von kleineren Werkstücken?

Feuerleichtsteine oder vielleicht auch Schamottesteine könnte ich schon zuschneiden. Ich denke, dass das auch mit Schmiedekohle, also Steinkohle funktionieren wird, da ich in meiner bisherigen Esse eine Feuerschale aus Beton (feuerfester Hochofenzement) nutze und da gibt es auch keine Probleme mit der Schlacke. Evtl. könnte ich die Verkleinerung ja auch aus diesem Beton machen. Der hat nämlich noch den Vorteil, dass er sehr reparaturfreundlich ist. Abplatzer oder Risse können einfach nachgeschmiert werden. Mit diesem Material habe ich auch meine Gasesse gebaut und die hält bislang ohne Probleme. Bei Schweißtemperatur glüht der Beton richtig hell und trotzdem hält alles.

So eine Verkleinerung würde noch dazu das gusseiserne Esseisen schonen. Wirklich gute Idee mit der Brennraumverkleinerung...da werde ich mir mal noch ein paar Gedanken dazu machen.

Was den Luftdruck der Gebläse angeht muss ich sagen, dass dazu beispielsweise bei Becma auf der Seite keine Angaben gemacht werden. Angele gibt hier auch den Druck mit an. Falls Becma das Rennen machen sollte, werde ich auf alle Fälle nochmal wegen dem Luftdruck nachfragen. Dass der erreichbare Luftdruck auch eine Rolle spielt leuchtet mir ein. Es zählt ja schließlich die Luft, die durch die Öffnung der Feuerschüssel und die ersten Kohlen / Schlacke durchkommt. Aber das hat mein Haarfön bislang sogar gut geschafft, also denke ich, dass es ein deutlich stärkeres Gebläse auch schaffen wird.

Also nochmals vielen Dank für Deinen guten Beitrag und viele Grüße.

Jens Maurer (alias "jemau")
3. Januar 2015 um 21:28
Da ich mit Holzkohle schmiede und diese ja schlackefrei ist, ist eine Regulierung des Feueraums da unumgänglich, da man in einer für Fettnuß ausgelegten Feuerschüssel sonst gar keine entsprechend hohe Glut hinbekommt. Bei Schamott vermute ich aber mal das sich Schlacke in die Poren setzt und die Steine miteinander verbacken kann.
Generell habe ich aber gute Erfahrungen damit gemacht den Feueraum so zu regulieren. in der Feuerschüssel hatte ich immer die alte Asche eingefüllt und obendrüber eine Lage Schamott entweder flach (7,5cm) oder hochkant (15cm) mit Bindedraht in Form gehalten. Damit war die Glut von ca. 10*7cm bis 15x20cm regelbar. Esse war eine alte Kavalerie Esse mit rundem Esseisen, Dom mit 8 Luftlöchern, ohne Schlackebrecher und Luftregelung (Luft wurde darüber geregelt wie schnell man ins Pedal trat)
Zuletzt bearbeitet: 3. Januar 2015 um 21:29, Olav Keil
3. Januar 2015 um 21:53
Um die Länge/Breite zu begrenzen kannst du dir einen Ramen aus 4mm Blech oder Winkeleisen biegen oder schweißen und einfach in die Schüssel stellen. Einfacher Baustahl reicht, da verbrennt nichts. Ich stelle mir einen solchen Rahmen immer auf meine kleine Feuerschüssel um eine tiefere zu simulieren. Man kann so auch eine (zu)kleine Feuerschüssel vergrößern wenn das Gebläse ausreicht.

Wenn du in der Tiefe begrenzen willst kannst du dir eine der empfohlenen Methoden wählen. Ich würde es auch mit Schamotte probieren, weil du diesen am einfachsten rausnehmen oder einsetzen kannst.

Aber mal ehrlich. Für das Geld das du investieren müssen wirst, kannst du dir was richtig geiles gebrauchtes kaufen.

Hier z.B. ein Vorschlag einer super Esse mit allem was du brauchst. Fehlt nur noch der Löschwassertrog, ein paar Seitenbleche und das Abgasrohr.
 
bzw ein Beispiel für so nen Ramen zum vergrößern der Feuerschüssel.

LINK



P.S. Wenn jemand die Esse kauft, bitte mit mir Kontakt aufnehmen. Die Esse entspricht dieser hier. Eventuell ne Nummer größer. Wem die Feuerschüssel zu groß ist - vielleicht kann man die gegen einer von meinen kleineren tauschen.
Zuletzt bearbeitet: 4. Januar 2015 um 11:05
4. Januar 2015 um 10:34
Hallo Jemau,

Zuerst mal: der Preis von der Esse in Kläus Link ist heiss

Dann noch einge Anmerkungen zum Thema Gebläse:
Becma ist made in Türkei, über die Qualität gibt es unterschiedliche Aussagen. Wir hatten das Thema schon mal in bezug auf Ambosse etc. klick
Ich habe mir seinerzeit mal einen Ventilator für meine Feldesse direkt bei einem deutschen Hersteller besorgt, das ist preiswerter als über einen Händler. Da wäre zum einen die Fa. Airflow dann noch die Fa. Karl Klein oder evtl. auch die Fa. Pabst. Die passenden Werte musst Du Dir natürlich raussuchen, aber da fand ich seinerzeit die Angaben im Angele-Katalog sehr hilfreich.

Viel Erfolg,

DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Zuletzt bearbeitet: 4. Januar 2015 um 10:37, Martin Hartung / DerSchlosser