Puddelstahl

17. April 2011 um 10:47
Puddelstahl ist ein tolles Material zum Schmieden. Der Name kommt von dem Herstellungsverfahren das 1784 erfunden wurde und bis mitte 19 Jahrhundert Anwendung fand. Das kann man bei Wikipedia nachlesen.

Ma findet Puddelstahl an alten Dingen wie Maueranker, Wagenräder, allten Eisenbahnteilen, alten Weinpressen, dem Eifelturm, alte Ambosse usw.

Am besten erkennt man ihn wenn das Teil verrostet ist, dadurch wird die Holzähnliche Faserstruktur sichtbar. Der Puddelstahl hat nahezu keinen Kohlenstoff, im Funkenbild zeigt er rötliche Funken und keine Sternchen.
Durch die Abwesenheit von Kohlenstoff lässt er sich hervorragend schmieden, da bewegt man was.

Schmieden muss man ihn immer in der Faserrichtung und auch da kann es passieren dass der Stahl einen Riss bekommt da er nicht so homogen ist wie die heutigen Stähle. Das ist jedoch kein Problem denn er lässt sich hervorragend Feuerschweißen.

Darüber hinaus ist Puddelstahl sehr unempfindich gegenüber Themperatur es ist unmöglich ihn in der Esse zu verbrennen, höchstens Schmelzen lässt er sich.

Geschmiedete Teile aus Puddelstahl kann man ätzen, sie bekommen dadurch eine Damastähnliche Struktur.

Sehr gut eignet sich Puddelstahl für Werkzeuge mit eingeschweißter Schneide wie Axt, Sicheleisen usw.

Ich kann nur jedem empfehlen das Schmieden mit Puddelstahl mal auszuprobieren, man fühlt sich dabei in die Zeit zurückversetzt als es noch in jedem Dorf eine Schmiede gab und es ist ein tolles Gefühl einem Stück Stahl das etwa 200 Jahre alt ist ein neues Gesicht zu geben.

Viele Grüße
Peter
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Einfach nur schön das Schmiedeleben



Zuletzt bearbeitet: 17. April 2011 um 10:50, Peter Bühl
17. April 2011 um 11:03
Hallo Peter !

Klasse Beitrag.
Ein Grund mehr,mal öfter nach Paris zu fahren...
Wegen dieser geschmeidigen Eigneschaften waren damals wohl auch eher die Abspalttechniken etwas häufiger anzutreffen.
Aber das versuch mal bestimmten Kunden zu erklären....(Früher war alles besser).

Gruss
Wolfgang.
Zuletzt bearbeitet: 17. April 2011 um 11:05
17. April 2011 um 11:21
hallo peter,
kann dir nur beipflichten - ein wirklich tolles material - fast wie bronze-
habe im lauf der jahre einen grösseren posten angesammelt;
tip: alte ackergeräte und zaunpfosten.
aber das zeugs hat aufgrund seiner faserrigkeit auch seine eigenen regeln,
so ist z.b. ein rundes loch nahezu unmöglich.
@ wolfgang: abspalten ist auch problematisch:das reisst immer weiter nach.
gruss,thomas
17. April 2011 um 14:28
Ich hab da mal ne Frage. Bin mir nicht mehr sicher und da ich jetzt in einem anderem Forum entgüldig gesperrt bin kann ich auch nicht mehr Suchen - will ich auch gar nicht mehr.

Es gibt da doch noch einen Stahl der eine ähnliche Strukur wie Puddeleisen hat. Ich glaube es war Gärbstahl. Das Material das ich meine hat auch deutlich mehr Kohlenstoff als Puddeleisen.

Weis jemand was das für ein Stahl war? und wie unterscheide ich den Stahl von Puddeleisen - auser den Kohlenstoffexplosionen im Funkenbild?

Welche Legierungsbestandteile finden sich den noch so in den alten Materialien? Bei meiner Schweißerprüfung wurde unter anderem erwähnt dass in alten Trägern oft Phosphor und SChwefel enthalten sein kann und dann bei modernen Schweißverfahren Mahßnahmen ergriffen werden müssen oder sollten wie zum Beispiel beim Stabelektrodenschweißen Basische Elektroden die in der Schlacke Schwefel und Phosphor binden.

Hat jemand noch interessante Informationen rund um die alten Materialien? Warum z.B. wenn sich das Puddeleisen so gut schweißen lässt gehen die Lagen beim Hochkantschmieden so leicht auf? Liegt das nur an dem "Unhomogenen" Gefüge oder hat das noch andere Gründe? Wie sieht es denn mit der Korrosionsbeständigkeit aus? Soweit ich weiß rostet die Oberfläche leicht - dringt dann aber sehr langsam tiefer vor.
17. April 2011 um 18:34
Mit Gerbstahl, ist Raffinierstahl gemeint der durch wiederholtes Feuerschweißen (Gerben) homogenisiert wurde.
Das wurde bei Puddelstahl auch so gemacht, Unterschied, der Raffinierstahl enthält Kohlenstoff, der Puddelstahl fast keinen.

Zur Unterscheidung wäre die Funkenprobe das beste Mittel.

Man kann ihn auch aufpeppen, ich hab mal versuchshalber einen Hochlagigen Damast aus Puddelstahl und Feile geschmiedet und war von der Qualität doch recht beeindruckt.

Der Puddelstahl enthält Phosphor und lässt sich mit einer Universalelektrode nur sehr schlecht Scweißen, Feuerschweißen dafür um so besser.

Dass die Lagen leicht aufgehen liegt schon am unhomogenen Gefüge, das lässt sich aber durch weiteres homogenisieren beseitigen. Da dieser Prozess aber aufwändig ist wurde das nur für hochwertige Dinge gemacht.

Puddelstahl findet man in verschiedenen Qualitäten er wurde eben so ausgesucht dess er dem Anwendungszweck genügte.

Die Korrosionsbeständigkeit ist gut daher wurde der Puddelstahl gerne im Schiffsbau eingesetzt.

Viele Grüße
Peter
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17. April 2011 um 18:47
wenn ich das recht verstehe ist also faseriger stahl nicht gleich puddeleisen ?!?
erst die roten funken sagen das?!?
und wie butterweich das unterm hammer ist sagt auch nix ?!?
- aber so ne alte kirchturmspitze kann doch nur puddel sein , oder ?
beste grüsse,thomas
17. April 2011 um 20:42
Ich muss sagen dass ich keine Erfahrung mit Raffinierstahl habe.
Unser Kollege Bohr Romain hat ja einige Erfahrung damit, ich würde mich freuen wenn er dazu ein Thema aufmachen und uns ein paar Sätze darüber schreiben würde.

Ich vermute aber dass der Raffinierstahl nicht so weich unter dem Hammer ist da er ja Kohlenstoff enthält.

Bei der Kirchturmspitze kommt es darauf an wie alt sie ist.

Zwischen dem Raffinierstahl (Direktreduktion) und dem Puddelstahl gab es noch die Floßöfen in denen Roheisen erschmolzen wurde das dann durch Frischen zu schmiedbarem Eisen sprich Stahl wurde.

Ineterssant ist der Artikel Aus der Geschichte der Eisenhüttentechnik vom Verein Deutscher Eisenhüttenleute.
Ist nicht so lang und gibt einen guten Überblick über die Entwicklung der Stahlerzeugung.

Grüße Peter
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Zuletzt bearbeitet: 17. April 2011 um 20:43, Peter Bühl
17. April 2011 um 21:40
bin reiner praktiker-hab keine ahnung von % unterm hammer!
was fürn zeugs ist ne luppe-schätze ne art von urpuddel?
@bohr romain - klär uns auf
das ist ein verdammt spannendes thema
bis dahin , thomas
17. April 2011 um 23:38
Stimmt das ist ein Spannendes Thema, einmal angefangen ist es Schwierig sich dem Thema zu entziehen, man vergräbt sich in der Geschichte des Eisens, bis es zu eigenen Versuchen kommt, fängt an dem Fortschritt auf die Spur zu kommen,bildet sich ein es langsam im Griff zu haben, bis....man einen Parameter ändert, und auf weitere Möglichkeiten stösst.....usw.usw.usw....
Kurz, einige Begriffe:
Also Gärben, Gärbstahl, kommt von Garbe. Es wurden um grössere Querschnitte zu erhalten, flachgeschmiedete Stangen gebündelt und im Feuer zu einem grösseren Querschnitt(Garbe) feuerverschweisst. Diese anfänglichen Flacheisen aus Pudeleisen wurden in Hammerwerken unter Aufwerfhämmern ausgezogen, und anschliessend wie bereits beschrieben je nach Nachfrage weiterverarbeitet.

Pudeln ist eigendlich das direkte Weiterverarbeiten von Rohstahl aus dem Hochofen.Es gehört zu einem mehrerer Frischverfahren. Beim Frischen geht es darum den Kohlenstoff welcher im Roheisen um die 3-4% beträgt loszuwerden.
Dazu gilt es das Roheisen einem Oxidierendem Medium, der Luft auszusetzen. Dies tut sich Idealerweise in möglichst heissem Zustand.
Gepuddelt wurde das Roheisen in teigigem Zustand, indem man mittels Stange, den Klumpen möglichst gleichmässig dem Luftstrom aussetzte. Je höher die Temperatur umso schneller wurde entkohlt.
Beim Pudeln bleibt ein geringer Teil der Schlacke im Eisen erhalten, was die sichtbaren Einschlüsse erklärt, und die Feuerschweissung positiv beeinflusst.
Ich habe selbst noch über ca. 60Kg Pudeleisen welches ich aus einem Bauernhof (1782-1786)abgebaut habe welches sich phantastisch Schweissen lässt, allerdings auch ebensogut lochen lässt.
Es ging mir auch noch nie ein Eisen auseinander.
Gut möglich dass es da je nach Erz lokal Unterschiede gab, welche sich auf das Eisen auswirkten. Wie Ihr wisst neigen Phosphorhaltige Stähle zum Bruch.

Zum Schluss noch ein Wort zur Luppe.
Die Luppe stammt aus dem Rennofen, und war nie Flüssig. Daher konnte nie genug Kohlenstoff in Lösung gehen, und somit kein Roheisen enstehen.
Eine Luppe muss also nicht gepuddelt/gefrischt werden, sie ist gleich Schmiedbar, nachdem der Dreck(Schlacke und Kohlereste) unter Schweisshitze mit dem Hammer herausgepresst wurde.
Man kann gleich einen Barren daraus Schweissen, den man je nach Qualität (Kohlenstoffgehalt) für dieses oder jenes verwendet.

Gruss Rom.
18. April 2011 um 18:20
Danke Rom für die gute Erklährung.

Viele Grüße
Peter
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Einfach nur schön das Schmiedeleben



6. Juli 2011 um 01:33
Schaut euch mal diese Video´s an.

Sie zeigen Ketten und Ankerbau vor über 100 Jahre.
In einem der Filme kann man wunderbar sehn wie gepudelt wird.
Video1
Video2

So mal zur info.

Gruss Dietmar
6. Juli 2011 um 13:14
Geniale Videos, vielen Dank fürs zeigen, faszinierend und amüsant zugleich, genial.

Mfg Pascal
17. Oktober 2011 um 17:46
Ich habe in der letzten Woche mal wieder versucht etwas Ortnung in der Werkstatt zu schaffen. Also mal wieder ausgemistet. Dabei hab ich endlich mal die ganz alten Stücke auf Puddel oder Gärbstahl überprüft. Dabei sind ein paar Stücke als homogener moderner Baustahl, ein paar als strähniger Puddel und so ein zwischending aufgetaucht. Diese Zwischending sieht sowohl geschliffen als auch angeätzt sehr homogen aus hat aber dennoch rel. viele Einschlüsse. Weniger als beim Puddel aber dafür etwas größere.  Zum Schmieden komme ich momentan nicht, kann also noch nichts zur schmiedbarkeit sagen. Was könnte das sein? Sieht man beim Puddel immer diese Strähnen oder gibt es da auch so sauberes Material, dass man die schichten nicht sieht? Oder ist das so raffiniert?