Bericht Rennfeuertreffen in Oberndorf 2012

18. September 2012 um 23:16
So, ich mach mal das Fass auf:

 

Ein sehr erfahrungsreiches Wochenende liegt hinter mir, und wahrscheinlich auch allen anderen die sich über das Wochenende des 14. bis 16. September in Oberndorf an der Oste bei Timm eingefunden haben. Mir persönlich hat es sehr gefallen, nach langer Zeit wieder mal andere Öfen als meine eigenen zu sehen und ich konnte wieder mal viel dazu lernen. Mein Dank schonmal an alle Beteiligten.

Das vielleicht spannendste waren der Ofen von Michael aus Dänemark, der mit seinem Ofen nach Funden aus Jütland (soweit ich das in Erinnerung hab) ein gewagtes Experiment souverän meisterte: 1,5 kg Erz alle 10 Minuten, bei 1:1 Kohle:Erz. Der Ofen wurde in Aufblastechnik durch eine Tür an der Front belüftet. Die Konstruktion entsprach fast dem Design des Ofens der Gruppe Sachsenhof Greven (http://schmiededaseisen.de/forum/show_thread.html?id=8309171&p=1), allerdings ohne die rückwärtige Zusatzbelüftung und mit einer weitaus stärkeren Belüftung, die sich so wahrscheinlich niemand zugetraut hätte. Der Erfolg von 7,5 kg einer äußerst stark aufgekohlten, aber noch schmiedbaren Luppe aus 30 kg Erz sprach dann für sich. Interessant war, dass der Schlackeabstich sozusagen automatisch unter der Ofentür heraus erfolgte, die unten nur mit Grassoden abgedichtet war. Die rund 3 cm starke Ofentür schmolz während der Verhüttung erstaunlicherweise nicht durch, obwohl sie deutlich rot glühte. Zwar wurde in Ermangelung von passendem Baumaterial ein moderner, feuerfester Stein verwendet, aber laut Michael wäre auch eine simple Lehmwand stabil genug.

Die größte Luppe wurde allerdings in einem besonders hohen Faulenzer-Ofen von aeglos erschmolzen: Ein Klotz von über 10 kg kompaktem Eisen. Der Ofen kam prinzipiell ohne Schlackeabstich aus. Hier kann der Ofenmeister wahrscheinlich selbst mehr berichten. 

Der Ofen von Timm und Jannis war weniger erfolgreich, möglicherweise weil ein neues Erz ausgetestet wurde. Zwar sah es beim Schlackeabstich nach sehr guten Prozessbedingungen aus, als der Ofen geöffnet wurde, war aber keine kompakte Luppe vorhanden. Die Luppenstücke ließen sich zudem nicht gut verdichten und zerbröseltem unter dem Hammer. Der genaue Fehler konnte am Wochenende noch nicht gefunden werden, so dass mit dem neuen Erz weitere Versuche zu erwarten sind.

Ich konnte am Samstag ebenfalls kein gutes Ergebnis erzielen, da auch das in meinem Ofen produzierte Eisen gering und sehr unrein war (800 g aus 15 kg Erz). Da ich den Ofen der Chargengröße und Menge pro Stunde an die Bedingungen der erfolgreichen Verhüttungen von Timm und Jannis angepasst hatte, lag ein tiefergehendes Problem auf der Hand. Nach längerer Diskussion fiel die Vermutung auf die -mehr oder weniger- permanent geöffnete Abstichöffung des Ofens als Hauptproblem. Zudem wurde von mir beim Erstversuch eine Düse aus einer Holzkohle-Lehm Mischung verwendet, die sich aber durch den sehr sandigen Lehm als fragil erwies. Der geringe Neigungswinkel wurde auch kritisch betrachtet.

Am Samstag Abend errichtete ich dann, aus den noch warmen Trümmern des ersten Ofens, einen sehr "schlampig" gebauten zweiten Ofen. Ich schichtete die Ziegel nur übereinander, wobei ich Unebenheiten grob mit Lehm ausglich. Auf eine innere Lehmauskleidung wurde verzichtet, da diese an den heißen Steinen nicht gehalten hätte und ich verstopfte die Fugen nur von außen mit etwas Lehm. Der wichtigste Unterschied zum erste Ofen war aber, dass ich keine Abstichöffnung einbaute und eine Düse aus HT-Zement nahm. Die Neigung der Düse war auch stärker als bei ersten Ofen. Fatal hätte sich fast ein Bruch der Kolbenstange an meinem Kastengebläse erwiesen, welcher mit Timms Hilfe noch rechtzeitig behoben werden konnte (Ich hoffe seine Tochter verzeiht die Opferung des Besenstiels ;) Am Sonntag startete ich den Ofen um 12:00 Uhr. Ich steigerte zudem die Luftmenge gegenüber dem Vorversuch um 8 kg Erz pro Stunde umsetzen zu können. Nach nur 2,5 Stunden und 15 kg Erz konnte der Ofen sauber herruntergefahren werden, und um 15:00 wurde der Ofen geöffnet. Diesmal konnte eine gut schmiedbare Luppe von 3,3 kg erhalten werden. Das Problem des ersten Ofens lag damit sehr wahrscheinlich an der Abstichöffnung.

Im Anschluss noch ein paar ausgewählte Bilder, ein größeres Kompendium gibt es hier. Für hochaufgelöste Bilder bitte PM






Zuletzt bearbeitet: 19. September 2012 um 20:53, Ricardios
19. September 2012 um 07:39
Hallo Rafail,
 erst mal vielen Dank für deinen Bericht.

Als Neuling und völlig Unwissender auf dem Gebiet "Rennofen" finde ich deinen Beitrag sehr interessant.

Gruß Heinz
19. September 2012 um 17:33
Ich kann auch nur wiederholen, dass dieses Treffen einfach super war und ich froh bin, den weiten Weg auf mich genommen zu haben. Erst einmal war Timm ein perfekter Gastgeber, der wirklich für alles gesorgt hat. Danke dafür!!!
Desweiteren durfte ich so viel von den anderen lernen, worauf ich selber im Leben nicht gekommen wäre. Die 2,5Tage waren also in vielerlei hinsicht wirklich produktiv.

Viel mehr, als das was Rafail schon über die Rennöfen geschrieben hat, kann ich auch nicht berichten. Erwähnenswert finde ich noch die Tatsache, dass wir auch so genannte Aristoteles Öfen gebaut haben (4 Ofenreisen). Diese Miniöfen dienen dazu, aus unreinem oder unzureichend gekohlten Ausgangsmaterial eine kompakte , kohlenstoffhaltige (ca. 0,7% laut MIchael) Luppe zu erzeugen. Unter anderem beschickten wir die Öfen mit einer Baustahlstange, einem historischen Maueranker aus dem 17. Jh. und verschiedenen Luppenresten. Durch das Funkenbild konnten wir deutlich die erfolgreiche Aufkohlung dokumentieren. Im Fall von stark phosphorhaltigen Luppenresten jedoch schien die Aufkohlung nicht so gut zu funktionieren, eine verminderung des Phosphorgehalts konnte auch nicht wirklich bestätigt werden. Hier noch ein zwei Bilder zu den Aristoteles Öfen.
IMG_6443.jpg
IMG_6512.jpg
Wenn ich mich recht erinnere, ist das das Funkenbild der Baustahlstange oder des Mauerankers. Beide hatten auf jeden Fall keinerlei Kohlenstoff, das funkenbild spar ich mir mal :)
Zuletzt bearbeitet: 19. September 2012 um 17:42, Philippe Brasseur
19. September 2012 um 18:03
Moin, Ich bin diese Woche auf ner Tagung, daher kam noch nichts von mir zu diesem sehr schoenen Treffen. Ich habe aber massig Bilder, werde da noch was nachschieben.
Gruss, Timm
 
19. September 2012 um 19:13
@aeglos, du schreibst dass dadurch dass Ihr die Phosforhaltigen Luppen per Grapage niedergeschmolzen habt, der Phosforgehalt sich nicht vermindert hat. Habt Ihr Analysen von Stahl, gemacht?

Gruß Rom.
Zuletzt bearbeitet: 19. September 2012 um 19:13
19. September 2012 um 20:24
Hallo Leute.

Mit begeisterung verfolge ich diesen Thereng (Oder wie sich das Schimft).
Ich wäre gerne mit dabei gewesen, aber wie schon gesagt war es terminlich, bei mir unmöglich zu kommen.

Aber wir werden uns wiedersehen, irgendwann, irgendwo zum Rennfeuern! .

Gruß von pit03 (Peter Broich).
19. September 2012 um 20:46
@Romain: Wir konnten am Wochenende nur Funkenproben machen. In wie weit die aussagekräftig sind, kann man nur vermuten.
19. September 2012 um 21:01
Hallo Rom,

zuallererst muss ich dich etwas korrigieren. Ich habe geschrieben: "Eine verminderung des phosphorgehalts konnte nicht wirklich bestätigt werden." Und genau so meine ich das. Ich hätte vielleicht ein "noch" hinzufügen sollen.

Vielleicht hat sich der phosphorgehalt auch etwas reduziert, vielleicht sogar signifikant, ich kann es jedenfalls nicht mit Gewissheit sangen. Ich vermute allerdings, dass sich weiterhin Phosphor in der Luppe befindet. Diese Annahme habe ich vor allem aufgrund von 2 Beobachtungen getroffen:

1) Die rote Grundfärbung des Funkenbildes blieb auch nach der Niederschmelzung vorhanden. Für mich ein Indiz, dass das verursachende Legierungselement weiterhin bestand hat. Da das Erz bereits stark phosphorhaltig ist und sonst keinerlei Legierungselemente außer Kohlenstoff vorhanden sein dürften, habe ich dies auf den Phosphorgehalt zurückgeführt.

2) Der Stahl nahm deutlich weniger Kohlenstoff auf, als die drei anderen Niederschmelzungen. In wie weit das metallurgisch begründet werden kann (phosphor verdrängt hat kohlenstoff von den Oktaederlücken?) bin ich nicht sicher, für mich war es das zweite Indiz.

Sollten Jannis und Timm sich dafür entscheiden, die Luppe auszuheizen, kann das Bruchbild vielleicht weitere Aufschlüsse geben. Das grobe Schmieden der Luppe nach entnahme des Ofens war auf jeden Fall ohne große Probleme möglich, ein vergleich mit dem ausgangsmaterial habe ich allerdings nicht.

Hast du andere Erfahrungen mit Grapage gemacht?


22. September 2012 um 14:43
Moin,
hier nun noch einige Bilder von mir zum (wie ich finde) sehr gelungenen Rennfeuertreffen.

nächtliches Kompaktieren

IMG_6378.jpg


Flammen...

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Höllenofen

IMG_6278.jpg


Aristotelesofen

IMG_6462.jpg


Hier ist der Link zu meiner Galerie mit einer Bilderauswahl Klick mich!

Das Treffen war ausgesprochen spannend für mich und hat mal wieder eine menge Input gebracht.
Meine persönlichen Highlights waren die Aristotelesöfen und Michaels spannende und erfolgreiche Technik gut aufgekohlte Luppe zu produzieren. Aber auch abseits davon war es interessant die Arbeitsweisen der anderen kennen zu lernen.
Zudem wart ihr alle ausgesprochen angenehme Gäste und ich hatte für meinen Teil eine Menge Spass, auch abseits der Verhüttung!
Das ganze ruft nach einer Wiederholung.

Gruß,
Timm

22. September 2012 um 17:01
Vielen Dank dass Ihr uns an Eurer tollen Ofenreise teilhaben lasst. Ich wäre auch gerne vorbeigekommen, ist aber zum einen einfach zu weit weg, zum anderen hätte ich mir die Zeit auch nicht nehmen können

Sehe ich das richtig dass Ihr Staubsauger als Gebläse benutzt habt?

Wieviel Erz hat Philippe denn verhüttet um eine 10 Kg Luppe zu erhalten?

Besonders schön finde ich die Aristoteles Öfen, weil genau das auch auf meiner "to do" Liste steht :-D seit ich das Video von dem Japaner gesehen habe, der Katanas herstellt indem er uralte Nägeln aus den Dachbalken von Klöstern in seiner Holzkohleesse aufkohlt. Wieviel Eisen kann man denn in so einem Ofen von euch aufkohlen? Wie groß waren denn diese Öfen? Ich hatte mir für den ersten Versuch gedacht ich verwende mal ein Schamotte Rohr mit ca 20cm Dorchmesser. Eure Aristoteles Öfen scheinen auch in etwa diesen Durchmesser zu haben. Macht es Sinn die Einblasöffnung etwas höher zu setzten oder unter dem Ofen ne kleine Grube auszuheben um der aufgekohlten Luppe mehr Platz zu zu geben um sich unter der Heissesten Zohne anzusammeln?
Zuletzt bearbeitet: 22. September 2012 um 17:02
22. September 2012 um 20:14
Hallo Klaus,

wir haben zwei Aristoteles Öfen gebaut. Der eine hatte 15cm Durchmesser und war etwa 35 cm hoch, der andere hatte 17cm Kantenlänge und war 40 cm hoch . Bei der ersten Reise der beiden haben wir im kleinen 500g und im groben 800g Material durchbekommen. Dabei beides mal ca. 150-200 g verloren. Bei der zweiten Reise haben wir uns mehr getraut und im großen 1kg und iim kleinen ca. 700g durchgesetzt. Auch das haben die Öfen beide gut verkraftet. Die 1kg jedoch waren aus dem phosphorhaltigen Material und haben eine deutlich schlechtere Ausbeute gehabt (ich glaube 400g Verlust, bin mir aber nicht mehr so 100% sicher). Die Frage ist nun, ob das durch die Qualität der Luppenteile zu schulden ist, oder ob bei einem kg einfach zu viel daneben gegangen ist und sich nicht verbacken hat.

Ich würde auf jeden Fall zu der runden Variante tendieren, einfach damit die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die zugegebenen Stücke wirklich dann auch in der Luppe landen. Das ist natürlich egal, wenn man eine Stange oder ähnliches verwendet. Es schaded sicher nicht, wenn der Boden etwas kuhlig ist. In wie weit man die Düse höher setzen sollte oder nicht bin ich mir nicht sicher, ein Probelauf kostet im gegensatz zum Rennofen aber nicht so viel Zeit und Mühen, sodass du gerne ausprobieren darfst .

Für den Faulenzerofen habe ich 30 kg Erz verhüttet. Allerdings weiß ich nicht, wie man jetzt das Luppengewicht definiert. Direkt nachdem das Teil aus dem Ofen gekommen ist, oder nachdem man bereits komprimiert hat? Bei mir ist es so ein Zwischending. Da mir der Ofen nach 3 Stunden und 20 min eingefroren ist, haben ich die Luppe erst nach langsamen runterbrennen der Kohlen durch natürlichen Zug den Ofen öffnen können. Da hatte die Luppe aber nur noch ca. 750-800°C. Also konnten wir auch nicht so bombe verdichten, die meiste schlacke an der Oberfläche aber entfernen.
Soweit ich mitbekommen habe, sind 1/3 Ausbeute ganz in Ordnung, abzuwarten bleibt aber, wie weit das Material aufgekohlt und wie homogen es ist. Die wahre Kunst ist es ja, das verfluchte Teil auszuheitzen, wie ich heute schon feststellen durfte :)

Wir haben einen Staubsauger (Nilquist oder so) benutzt. Ein super Teil, schön leise und ordentlich Saft. Wohl auch ziemlich unkaputtbar, ist auch schon älter. Der andere Kasten mit Schlauch ist ein Laborgebläse, dann kamen noch Rafails KAstengebläse und natürlich die Blasebälge zum Einsatz.

Viel Spass mit dem Aristoteles, das Ding ist genial
Zuletzt bearbeitet: 22. September 2012 um 20:18, Philippe Brasseur
22. September 2012 um 20:34
Vielen Dank :-D

Welches Erz hast du denn verhüttet? Das schwarze?
22. September 2012 um 21:05
Nein ich habe mich schamlos an Timm und Jannis Vorräten vergriffen, also dem Carajas Sinterfeed. Ich habe dir alles an schwarzem damals geschickt, was ich hatte :)
Was ich bereits verhüttet habe und wovon ich noch für zwei solche Reisen reserven habe ist das Rio Tinto Erz, das ich hier im Forum auch schon vorgestellt habe, das Braune.
22. September 2012 um 21:13
Moin,
der Staubsauger ist ein sogenannter Nilfisk, legendär unter dänischen Schmieden. Michael hat ihn als Gastgeschenk mitgebracht. Nachdem er Sonntag Mittag abgereist ist, haben wir die beiden kleinen Aristotelesöfen mit unserem großen Radialgebläse betrieben. Die Idee mit dem Schamotterohr halte ich für sehr sinnvoll, ich werde es beim nächsten Versuch genauso machen!
In Michaels und Philippes Öfen wurde jeweils Caraja Sinterfeed gefahren, also brasilianisches hämatitisches Erz.
Jannis und ich haben uns an dem dänischen Erz versucht (und schieben sämtlich Schuld an der mäßigen Ausbeute AUSSCHLIEßLICH darauf ), Raphael hat bei der ersten Reise unser Raseneisenerz und bei der zweiten auch das Carajas verwendet.
Wir haben übrigens in allen Öfen (ausser dem kleinen Aristoteles) Ziegel verbaut, da der Lehm den ich aufgetrieben habe eher mies war.

Gruß,
Timm
22. September 2012 um 22:56
Hallo Leute.
Es ist alles sehr interessant mit zu lesen, und ich bedauere jetzt, das ich nicht mit vor Ort war.
Schöne Fotos von allen und sehr fundierte Beiträge zu den Öfen und ofenreisen.

Grußvom pit03.