1. Februar 2021 um 10:02
Sehr schön gemacht , beschrieben und bebildert! Chapeau!
Trotzdem noch eine Frage: Wird eine Sichel nicht auch gedengelt, wie die Sensen? Nur interessehalber, soll keine Kritik sein!
Schließlich bin ich ja noch immer:
Bl.Anf. Wolfgang
1. Februar 2021 um 10:50
Wird eine Sichel nicht auch gedengelt, wie die Sensen?

Zitat: "Die dünneren Grassicheln werden wie Sensen gedengelt, während  die dickeren Staudensicheln gewetzt oder gefeilt werden" Quelle: Dengeln und Wetzen

Gruß DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
1. Februar 2021 um 18:23
Kann man sich aussuchen. Bei einer Sense oder Sichel, mit der auch mal Gestrüpp geschnitten wird, fährt man mit gehärtetem Stahl mitunter besser. Ich hab aber selber eine Forstsense, die aus weichem Stahl ist und gedengelt werden muss. Feilen geht natürlich auch, verschleißt das Blatt aber viel schneller. Das Zitat stimmt also nur eingeschränkt - es kommt in erster auf Linie auf den verwendeten Stahl und dessen Härte an.
1. Februar 2021 um 21:10
also, 'n bisschen von meinem Senf kann ich auch noch dazutun. Ein Schneidgerät (Messer, Hobel, Sense, Sichel, ...) ist scharf, wenn es zweckgemäß angewendet möglichst schadenfrei schneidet. Allgemein: Form follows function. Das bezieht sich nicht nur auf den Schneidenwinkel, sondern auch auf den Anstellwinkel (bei Hobel, Sense, ...) und die Schneidbewegung (den Winkel, in dem das Schneidgut die Schneide entlangläuft, beim Hobel meist 90°, also vergleichbar mit Hacken). Vergleich: Radfahren in Serpentinen (Messer hin- und herbewegen, besser aber Klingenlänge nutzen) bergauf oder steil in Falllinie (hacken). 
Schneidgeräte werden im Allgemeinen gehärtet, nur unterschiedlich, je nach Funktion und Ziel. Hier übliche Grassensen aus z.B. C45 werden bei 400° angelassen. Ziel ist hier nicht höchste Schneidenhärte, sondern Zähigkeit/Elastizität. Wenn bei jeder "Erdkunde" oder "Bodenprobe" ein Stück aus der Schneide bricht, ist das Ding unbrauchbar. Ein verbogener Dangel (der kalt dünn gehämmerte Schneidenstreifen) lässt sich bei zäher Härte wieder zurückbiegen, und das Mähen kann nach einigen Wetzstrichen weitergehen. Skandinavische Sensen sind meist aus 2 Lagen Laminatstahl und gehärtet wie die Messer. S.o.: (f.f.f.) Bei Baumtrieben oder Heidekraut im Mähgut wären unsere Sensen überfordert. Amerikanische und Englische Sensen aus Monostahl sind ebenfalls gehärtet und sehr schwer; sie werden über den Boden gerutscht und sind unhandlich, auch wegen ihres Worbes Sensen"stiel") (siehe youtube: scottish scythe). Die werden wegen größerer Härte nicht gedengelt, ebensowenig wie Forstsensen/Heidesensen; da nimmt man besser Feile oder Stein.
Am Gerät ist wesentlich noch der Steigungswinkel zwischen Boden und (rechtem) Handgriff und der "Zirkel" (gleicher Radius zwischen Handgriff und Spitze wie zwischen Handgriff und Bart (breites Sensenende). Wenn dann die Sense gut ausgewogen gefasst wird und mit der Rückenseite am Boden in ihrem Bogen in Spitzenrichtung geschoben wird, kann das Mähgut nicht mehr ausweichen. Ab ist's. Im Video ist zu sehen, dass versucht wird, zu hacken, stark quer zur Schneide mit hoher Geschwindigkeit. Bodenfern kann das Kraut meist ausweichen ( "das klügere gibt nach"); bodennah ginge es besser, besonders in Schneidenrichtung. 
Zum Wetzen: Ich habe früher versucht, meine Sense mit dem Wetzstahl besonders scharf zu bekommen: Irrtum. Wichtig ist eine Mikrozahnung, am besten in Spitzenrichtung; eine Laubsäge schneidet auch am besten in Zahnspitzenrichtung.
Jetzt schreib ich schon fast ein Buch mit meinem Senf. Es gibt noch viel mehr....
Tip: Gute videos in youtube unter "slattergubben" oder "Jan Wester".
Gute Erklärungen unter "sensenwerker.de" , Carl Rheinländer oder "meister-ekkehard.de", Ekkehard Unger.
Alte videos unter "lieslatter" (Mähen in Schweden), "LVR Sensenschmiede", "LVR Hammerstocksetzen ", ...

Oder: Sensen-mäh- bzw. -Dengelkurs bei mir oder anderen im "Sensenverein.de" oder "Sensenverein.at" 

Meinhard Spaunhorst, Sensenlehrer im SVD,
"Gras wächst auch, ohne dass man dran zieht." Hoffentlich bald wieder.
1. Februar 2021 um 21:21
Servus Dengelbengel,

ich als vermutlich einziger Holledauer im Forum verneige mich.
Eine derartig präzise Erklärung gibts hier nur sehr selten. Danke dafür!

Grüße aus der Holledau
Fred
Unikate müssen nicht zwingend schön sein, nur einzigartig.

2. Februar 2021 um 19:30
Hallo dengelbengel, danke für deine Ausführung. Ich kannte von den gehärteten Sensen bisher nur die amerikanischen - vom Konzept her, ausprobiert habe ich sie noch nicht.
Welchen Sensentyp bevorzugst du selbst? Wenn du ohne Rücksicht auf Kosten eine Sense eigens für dich herstellen lassen würdest, welchen Stahl und welche Wärmebehandlung würdest du wählen?
3. Februar 2021 um 21:39
Crantius, Deine Frage hat sich mir noch nicht gestellt: Supersense?? Messer und Sensen haben gemeinsam, dass sie schneiden. Dann beginnen die Unterschiede: Sensen werden vom Käufer nur zum Schneiden benutzt, Messer zum Sammeln, Haben, Ansehen, "Wertanlage", Imponieren, "Könntichmit ... "-Phantasieren, ... und andere auch zum Schneiden. Um Sensen auch qualitativ hervorzuheben, wurden sie mit gefälligen, manchmal regionalen Bildchen (Edelweiß, ...) oder Worten (Rasierschnitt, 2-Rinder-Sense...) versehen, manchmal auch mit "Qualitäts"-Angaben (Schwedenstahl, Acier Diamant, Hartstahl, ...), was werbemäßig verlockend war, aber so viel garantierte wie der Aufkleber "mähfertig gedengelt", der von Käptn Blaubär erfunden wurde. Er besagt, dass nach der Wärmebehandlung und dem Schleifen die Sense noch mal unter dem Dengelhammer durchgezogen wurde (ca.5 sec., etwas länger, als das Aufkleben dauert) , aber die Schneide ist damit höchstens für Brennesseln geeignet, nicht für frisch eingesäten Rasen. Dafür muss sie rasierklingendünn (empfindlich!!) ohne Wellen, Lappen und Risse gehämmert werden, was das Nachwetzen sehr erleichtert. Es gibt verschiedene Dangelapparate und verschiedene händische Dengeltechniken.
Ich habe mal bei einer Fabrikführung einen Sensenwerksbesitzer gefragt, welcher Stahl verwendet würde, Antwort: Das sagen wir nicht, das ist Betriebsgeheimnis. Ich vermute, u.a. so sollten Sensenschmiede von der Abwanderung in Konkurrenzbetriebe abgehalten werden. Ich könnte heutzutage eine gekaufte Sense zur Stahlanalyse geben, Schluss mit Geheimnis. In den nächsten Tagen werde ich mal das Funkenbild bei unterschiedlichen Sensen ansehen, ob sich da ein Unterschied zeigt. Wesentliche Unterschiede (form follows function) sind Gewicht (schwer=dick=für grobes Mähgut),  Länge (lang für ebenes Grasland, kurz für handlich), Breite und Wölbung (Stabilität) und natürlich Geschick des Schmiedes und Wärmebehandlung.
Es gilt immer, einen guten Kompromiss zu finden zwischen Gerät (Sensenblatt und -baum, Einstellung auf Mäher und Mähgut, ...), Mähgut (nass:trocken, hoch:niedrig, Gelände flach:steil, steinig:glatt, ...) undd Mäher (groß:klein, dick:dünn, erfahren:unerfahren ...) und seinem Mähziel (Gras mähen, locker entspannen, Mähwettbewerb, ...) .
Da nehme ich für meine Hobby-Landwirtschaft einfach eine passende Sense und komme damit klar.

4. Februar 2021 um 20:32
Schöne Erläuterung, danke dafür.
Grüße aus der Nordpfalz.
Schmieden, kann man am besten am Amboss.
17. Februar 2021 um 17:06
etwas OT aber hier kann man den Kollegen "Dengelbengel" mal in Aktion sehen: Freudenberg
Gruß DerSchlosser

Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Zuletzt bearbeitet: 17. Februar 2021 um 17:07, Martin Hartung / DerSchlosser