geschmiedeten Amboss erkennen

29. Oktober 2014 um 15:58
Hallo Forum,

ich gebe zu, ich schaue mich noch nach einem gebrauchten Amboss um, eventuell tut sich einer auf. Wenn ein Amboss ein quer durch den Fuß gehendes Loch hat, ist das ein verlässlicher Hinweis darauf, dass er schiedeeisern ist? Oder kann das auch bei einem gegossenen vorkommen?
Wenn er bei leichtem Hämmern auf das Horn klingt und keine sichtbaren Risse hat, kann man dann davon ausgehen, dass er strukturell in Ordnung ist oder sind weitere Prüfungen nötig?

Es gibt ja verschiedene Ambossformen - offensichtlich weil es für jede Form Menschen gibt, die gut damit zurecht kommen. Kann man sich an jede gängige Form gewöhnen oder ist das kritisch?

LG,
Bernhard
29. Oktober 2014 um 16:31
Hallo Bernhard,

was genau meinst Du mit quer durch den Fuß gehendes Loch? Die Vierkantlöcher stirnseitig haben in der Regel auch die gegossenen Ambosse. Die geschmiedeten Ambosse haben zusätzlich ein vertikales, durch den Rumpf gehendes Loch. Dieses Loch wird oben durch die verstählte Bahn abgedeckt. 
In diese Vierkantlöcher werden für die Handhabung beim Herstellungs-, bzw. Wärmebehandlungsprozess Vierkantstangen mit Knebel eingekeilt (siehe Foto)...

Wenn er bei leichtem Hämmern auf das Horn klingt und keine sichtbaren Risse hat, kann man dann davon ausgehen, dass er strukturell in Ordnung ist oder sind weitere Prüfungen nötig?

 Wenn nicht nur die Hörner schön klingen, sondern auch die die Bahn, und dabei die Härte ok ist, dann ja.
Refflinghaus_1.jpg

Refflinghaus_2.jpg
Zuletzt bearbeitet: 29. Oktober 2014 um 16:36, Sebastian
29. Oktober 2014 um 18:52
wobei mir Aufgefallen ist das geschmiedete Ambosse wesentlich "weicher/sanfter" klingen als Gegossen/Verstählte (welche Teilweise eher schrill Klingen).

Vorsicht bei dem Ausdruck "geschmiedet"! Hier muß man alte, im Feuer geschmiedete + geschweisste Ambosse (bei denen ich Alex zustimme) von gesenkgeschmiedeten Ambossen (z.B. PFP) unterscheiden!
Die gesenkgeschmiedeten "klingeln" auch fürchterlich.
Da muß man halt Abhilfe schaffen

Viele Schmiedegrüße,

DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Zuletzt bearbeitet: 29. Oktober 2014 um 18:52, Martin Hartung / DerSchlosser
29. Oktober 2014 um 18:10
Servus Bernhard,
Ich möchte zu Sebastians Ausführung noch etwas anhängen, kann aber seine Meinung nur Unterstreichen.

Geschmiedete Ambosse erkennt man an einigen Gesichtspunkten.
Falls das Alter eingeschlagen ist, kann man hier grob die Grenze (wie auch Ernst Refflinghaus das beschreibt) bei den Jahren 1954 ziehen. Natürlich mag es auch davor gegossene, bzw. danach geschmiedete geben, aber _so ca._ fallen diese in jene Kategorie.

Zu den Löchern, vierkantlöcher unter den Hörnern kommen auch bei Gegossenen-Verstählten Ambossen vor, ob nun nur Geschmiedete auch noch im Fuß unten eins haben kann ich so nicht sagen.

Der Amboss sollte einen klaren Klang besitzten, wobei mir Aufgefallen ist das geschmiedete Ambosse wesentlich "weicher/sanfter" klingen als Gegossen/Verstählte (welche Teilweise eher schrill Klingen).

Weitere Prüfungen die du durchführen kannst: Kugellagerkugel auf die Ambossbahn fallen lassen, sollte mind. ca bis zur Hälfte wieder zurückspringen.
Feiltest, anfeilen der Ambossbahn/Kante, optimal wäre möglichst bis kein Abtrag ("darübergleiten" der Feile) (kein muss, zeugt nur von hoher Härte der Bahn).



Zu den Ambossformen.
Die unterschiedlichen Formen entstammen eher den Regionen wo damit gearbeitet wurde. Demnach sind sie auch benannt ("Süddeutsch" "Norddeutsch" "Böhmisch" "Steyrisch" "Französisch" etc.)
Gewöhnen kannst du dich sicher an jede. Allerdings bildet sich jeder nach einiger Zeit des Arbeitens eine eigene Meinung was für seinen Amboss wichtig ist und was nicht. Das hängt natürlich auch von den ausgeführten Arbeiten ab.

Ich bin z.B. der Meinung, das die Süddeutsche Form mit Voramboss und Stauch der Amboss für Kunstschmiedearbeiten ist. Auch für Werkzeuge mag ich diese Form sehr. (Diese Meinung muss niemand Teilen und auch nicht richtig sein).

Wenn ich hingegen ein Messer oder eine Klinge mache, lege ich mehr Fokus auf die Bahn und die Kante des Ambosses (scharf, geringe Radien an den Kanten, Plane Bahn). Hörner und Gesenklöcher interresieren mich da weniger, da ich die Formarbeit im Endeffekt auf der Bahn ausführen kann. Formmäßig könnte ich hier dementsprechend fast jede Ambossform verwenden.

Schmiede ich im Gegenzug dazu eine Lilie (Beispiel für Kunstschmiedearbeit), ist mir eine etwas durchsinkende Bahn bzw. Runde Kanten relativ egal, wichtig sind mir hierbei hauptsächlich schöne Radien, Hörner und Möglichkeiten um an schwierigen Stellen zu schmieden. Diese bietet mir der Süddeutsche Amboss am meisten.

Hoffe ich konnte Helfen!

Viele Grüße,
Alex
30. Oktober 2014 um 15:00
Danke an alle.

@Sebastian: Schade, ich dachte, ein stirnseitiges Loch würde mir helfen. Das "vertikale" sehe ich dann am fertigen Amboss nur von unten. Das wäre also ein gutes Zeichen.

@Alex: Gegossen/verstählt wäre aber auch zu kaufen ok, oder? Warnungen lese ich immer vor Gusseisen. Wenn die Bahn Stahl ist, sollte es doch ok sein?
Die Erläuterungen zu den verschiedenen Formen leuchten total ein. Ich bin beim bisherigen Lesen noch über keine vergleichbare Erklärung gestolpert.


LG,
Bernhard
30. Oktober 2014 um 17:11
Wenn die Bahn Stahl ist, sollte es doch ok sein?

Genau! Und sie sollte nicht zu vermackt / ausgeschlagen sein.

Gruß DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
30. Oktober 2014 um 18:14
Servus,

@Bernhard,
Ja, habe auf so einem angefangen und hätte ihn bis heute noch. An den Klang gewöhnt man sich (ohropax), und ich hatte Teilweise das Gefühl das meiner auch etwas mehr zurücksprach als meine geschmiedeten. Kann aber auch am Amboss liegen (was ich für wahrscheinlicher halte).

Grüße,
Alex