Starke Preisdifferenz bei Lufthämmern.

3. Januar 2020 um 18:41
Hallo werte Kollegen,

ich bin jetzt schon eine Weile dabei meine Schmiede einzurichten und habe immer wieder in Richtung Lufthammer geschielt, da ich "leider" auch durch die Ausstattung bei meinem "Meister" verwöhnt bin. 15t Hydraulikpresse ist mir vor ein paar Monaten vor die Flinte gelaufen. In der Zeit habe ich nun auch wirklich alles gesehen, von 1000€ bis Museumsstücke Richtung 16000€. Mein Meister hat einen Kuhn KB1 mit 34kg Bär, in die Richtung will ich auch, da relativ leicht und nicht genehmigungspflichtig. Auch die Hartmänner finde ich sehr ansprechend. Die habe ich jetzt zwischen 1300 und 3250€ gesehen. Vor kurzem hätte ich fast einen für 1800€ schießen können, unter Strom, immer wieder mal gelaufen, leider zu groß mit 50kg Bär. Auf der selben Plattform will einer für den 40kg mindestens 3250€, hätte er angeblich auch geboten bekommen. Was ich bezweifel, weil er jetzt die Anzeige schon zum zweiten mal nach oben geschoben hat gegen Geld.

Aber kommen wir zur Preisgestaltung, den KB1 habe ich nun schon zwischen 1000 und 5000€ gesehen, der für 5000 war mit Fundament und komplett für über 1000€ überholt. Leider werden die Hämmer meist von Privaten, ohne Berühungspunkte mit dem Hobby, verkauft, die den geerbt oder irgendwo gefunden haben. Diese sehen dann einen 50kg Beche, wo die Schabotte schon mehr wiegt als der komplette KB1 und nehmen an das der dann auch so viel kosten muss. Ich hatte schon die lustigsten Diskussionen, auch mit gewerblichen Maschinenhändlern, gehabt. Aktuell ist auch ein Meitinger für 4000€ gelistet, was so ziemlich das klapprigste sein müsste was ich jemals begutachten durfte.

Ich suche ein Arbeitstier, hätte auch keine Probleme damit die Führungsplatte neu zu fertigen oder Lager neu auszubuchsen. Maschinen dazu sind in der Firma in der ich Arbeite vorhanden, ich arbeite bei einem Lohnfertiger und bin selbst gelernter Zerspanungsmechaniker und staatl. gepr. Maschinenbautechniker. Eine solide Basis wäre mir wichtig. Was wäre ein relaistischer Preis für einen Hammer in der/dem Klasse/Zustand? Ich will mich nicht mit irgendwelchen Phantasiepreisen über den Tisch ziehen lassen.


Danke für eure Hilfe.
Zuletzt bearbeitet: 4. Januar 2020 um 14:37, fretless85
4. Januar 2020 um 12:44
Hallo Enrico,

 

eine allgemeinverbindliche Methode, wie sich Preise von Lufthämmern berechnen lassen, gibt es nicht. Den Preis macht der Markt. Meiner Erfahrung nach ist darüber hinaus die Situation von Käufer und Verkäufer sehr preisbestimmend. Wenn die Maschine schnell weg muss, dann kann dies zu einem günstigen Verkaufspreis führen.

Weiter solltest du bedenken, dass die Preise bei den üblichen Anzeigeseiten Wunschpreise sind, die in den seltensten Fällen so zu einem Abschluss führen. Leider sieht man nicht, zu welchem Preis tatsächlich verkauft wurde. Du kannst dir aber sicher sein, dass dieser sehr oft weit darunter liegt. Auch sieht man, wie lange teilweise die Maschinen im Angebot sind, was nicht unbedingt für die Angemessenheit des Preises spricht.

Teilweise versucht insb. ein Maschinenhändler durch überteuerte Angebotspreise ein vermeintlich überhöhtes Preisniveau kreieren zu wollen. Aber du hast das ja schon als Phantasiepreise enttarnt.

Dann muss man aber auch nachvollziehen, dass bei vielen Dorfschmieden der Lufthammer die teuerste Anschaffung war. Die Erben haben die Maschine in ihr Herz geschlossen und können nicht verstehen, warum sie nun "so billig" weggehen soll. Die brauchen eben guten Zuspruch oder eben Zeit, bis die Erkenntnis zu ihnen durchdringt.

Meist sind es Hobbyschmiede, die die gebrauchten Hämmer kaufen. Gewerbliche Schmiede sind als Nachfrager kaum dabei, weil die meist schon gut ausgestattet sind oder gleich eine neue Maschine kaufen. Jetzt ist es aber so, dass die Privatleute für ihr Hobby nur begrenzte Mittel zur Verfügung haben. Welcher Hobbyschmied darf denn 3.000,00 EUR für eine Maschine ausgeben? Dies dürfte der limitierende Faktor bei der Preisgestaltung sein.

Dann solltest du auch berücksichtigen, dass ein gegossener Lufthammer eine ganz andere Welt wie eine Schweißkonstruktion der Bauart Kuhn es ist.

An deiner Stelle würde ich mir Zeit nehmen, den Markt regelmäßig beobachten, abwarten und mir ein persönliches Limit setzen. Erfahrungsgemäß kommt innerhalb von Monaten das richtige Angebot vorbei. Und werde nicht nervös, wenn deine Preisvorstellung zurückgewiesen wird. Dann gehst du halt wieder und wartest auf den nächsten Hammer, der garantiert vorbei kommt.

Glück Auf!

Folgt PARX auf Instagram https://www.instagram.com/parxforging/
Zuletzt bearbeitet: 4. Januar 2020 um 13:22, PARX
4. Januar 2020 um 14:04
Glück auf! Danke für die Antwort.

Dann liegt es wenigstens nicht an mir, dass ich ein Geizhals bin und total absurde Preisvorstellungen habe, danke für den Zuspruch.

Die Diskussion habe ich nun leider schon mit einigen geführt und die Argumentation im Vergleich zu den gegossenen Hämmern oder den aktuellen (neuen) Importhämmern hat nicht gezogen. Ein 50 Jahre alter Hammer, kein Museumsstück, bei dem man anhand der Dicke der Öl+Kohlenstoffschicht die sich um eine Gehäuseteile gebildet hat, erkennen kann wie gut er gepflegt/gewartet wurde, für den es keinerlei Teile mehr gibt, kann ich nicht für 50% des Neupreises eines Importhammers verkaufen. Aber die Argumentation verpufft meist ins Leere.

Dann bin ich ja mit meinen 1500€+/- je nach Zustand für den Hammer gar nicht so daneben.

Mein Amboss, den ich von meinem Meister gekauft habe, war auch ein gutes Beispiel für die Preisgestaltung. Etwa 200kg guter Zustand, blanke Bahn und relativ scharfe Ecken, für 200€ gekauft. Da mag etwas Sympathiebonus gewesen sein gebe ich zu, aber was teilweise für Dekostücke, total verrostet und verdroschen und für 600-1000€ angeboten werden.

Gruß!
Zuletzt bearbeitet: 4. Januar 2020 um 14:41, fretless85
4. Januar 2020 um 15:56

hallo,

 

hast Du diesen Beitrag gesehen: http://v2.schmiededaseisen.de/forum/ich-biete-973502/heinrich-lufthammer-mit-45kg-b-auml-r-kurbelg-48465032

Ein reparaturbedürftiger Lufthammer...vllt. ist er ja noch zu haben.

Gruß DerSchlosser

Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
4. Januar 2020 um 16:37

Hallo,

 

den hab ich schon gesehen. Ist schon grenzwertig von der Größe und beim Alter habe ich auch etwas bedenken. Vor dem ausbüchsen habe ich jetzt keine Angst, aber das ist ein wirklich altes Schätzchen. Aber ich schreib ihn mal an.

 

Gruß!

4. Januar 2020 um 22:25
Hallo,

der Hartmann, für welchen angeblich 3250,- geboten wurden (real waren es 3200,- von mir 😬😬), ist einer der letzten 45er, nicht 40er. Ich habe die baugleiche Maschine in einem absoluten Topzustand bei mir in der Werkstatt stehen. Für diesen Hammer bin ich damals ebenfalls einen Preis in ähnlicher Größenordnung los geworden, was absolut ok war. Von dem besagten 45er, welcher aktuell in den Kleinanzeigen steht, habe ich mittlerweile ein paar aussagefähige Bilder auf Wunsch zugeschickt bekommen. Die Mängel, welche mir dabei auffielen, wären folgende:

1.)
Ölleitungsanschluss am Rückschlagventil des Bärzylinders durch unsachgemäßes Anheben völlig verbogen. Inwieweit das Rückschlagventil evtl. auch noch beschädigt ist, lässt sich nicht erkennen.
 
2.)
Der Bär ist an der Gesenkaufnahme durch falsches Einkeilen mit einem Durchschlag ziemlich verprügelt. Hier müsste man nacharbeiten, um eine Kerbwirkung am Schwalbenschwanz auszuschließen.

3.)
Auf der gegenüberliegenden Seite ist eine relativ heftige Riefe in den Bär gezogen worden. D.h. die Bärführung sieht dann natürlich analog auch entsprechend aus.

Alles Sachen, mit denen man noch leben könnte, allerdings nicht mehr zu diesem Preis. Ich hatte dem Verkäufer damals mitgeteilt, dass ich diese Maschine nach heutigem Kenntnisstand auf höchstens 2800,- einschätzen würde. 
Das Spiel bei herabgelassenem Bär soll in Höhe des Untersattels bei ca. 1mm liegen, was -wenn es denn stimmt- ziemlich ok wäre.

Auf Youtube gibt es ein Video von dem Hammer in Aktion:

https://www.youtube.com/watch?v=NF1PDZl9gXA

Was man hier sehen kann, ist von der Bedienung her das absolute Grauen! Der Helfer drückt hier öfter den Fusshebel bis zum Anschlag durch, und lässt den Hammer "trocken" mit Vollgas auf den Untersattel schlagen. Die beste Methode, um den schönen Hammer zügig zu ruinieren! In einem anderen Video von dem Verkäufer wurde mit dieser mehr als unguten Brachialmethode eine Coladose zusammengehauen 🙄🙄...
Das Laufverhalten an sich scheint bei dieser Maschine aber in Ordnung zu sein.

Grundsätzlich muss man sagen, dass Hartmänner in gutem Zustand so langsam auch selten werden. Ich selbst bin noch an einem 50er Hartmann, Baujahr 1963 dran, den ich aufgrund seiner Bauart sehr interessant finde (keine angegossene Motorkonsole, was ich schöner finde, sowie plangefräste Schabottenoberseite, welche die ebene Auflage von eingekeilten Zwischenstücken ermöglicht. Davon abgesehen hat der 50er im Gegensatz zum 40er oder 45er zwei Flachführungen, anstatt nur einer). Allerdings hat auch dieser Hammer ein paar Fehler. So ist z.B. die Ölpumpe hinüber, für die ich aber originalen Ersatz hätte. Auch ein Kolbenring vom Bär wurde von einem Vorbesitzer etwas vermurkst, und müsste gegen eine Neuanfertigung getauscht werden. Ansonsten sieht die Maschine von der Zylinderwandung her ziemlich ok aus.

Was deine Präferenzen betrifft, würde ich mich eher auf den 34er KB1 festlegen. Diese robuste Brot und Butter-Maschine kann ich nur uneingeschränkt empfehlen! Ob so ein Hammer dann 2000,- oder 2500,- ,evtl. aber auch 3000,- kostet, finde ich persönlich bei einer Maschine dieser Qualitätsklasse eher nebensächlich, vorausgesetzt der Zustand ist wirklich ok. Aufpassen sollte man meiner Meinung nach hier nur, dass der Hammer auch von Kuhn hergestellt wurde, wenn er noch unter der alten Vertriebsbezeichnung "Reiter" gelabelt ist. Diese Hämmer wurden auch von Berger hergestellt, allerdings mit für mein persönliches Empfinden nicht an die Qualität von Kuhn heranreichender technischer Umsetzung. Auskunft über die genaue Maschinenherkunft kann dir anhand der Maschinennummer hier die Firma Angele geben, welche mittlerweile die gesamte Ersatzteilversorgung und das Firmenarchiv von Kuhn übernommen hat (Kuhn selber hat die Fabrikation von Lufthämmern leider eingestellt). 

Grüße!
Zuletzt bearbeitet: 8. Januar 2020 um 19:05, Sebastian
4. Januar 2020 um 23:24

Sebastian, 4. Januar 2020 um 21:25


"Was man hier sehen kann, ist von der Bedienung her das absolute Grauen! Der Helfer drückt hier öfter den Fusshebel bis zum Anschlag durch, und lässt den Hammer "trocken" mit Vollgas auf den Untersattel schlagen. Die beste Methode, um den schönen Hammer zügig zu ruinieren! In einem anderen Video von dem Verkäufer wurde mit dieser mehr als unguten Brachialmethode eine Coladose zusammengehauen 🙄🙄...
Das Laufverhalten an sich scheint bei dieser Maschine aber in Ordnung zu sein."

 

Genau die Videos habe ich auch gefunden, nachdem ich etwas gesucht hatte und den Hintergrund wieder erkannt habe, daraufhin habe ich einfach mal frech 2000€ geboten. Weil mir mit der Art wie der Hammer benutzt wurde klar wurde, das hier Laien, die noch nie so einen Hammer gesehen, geschweige denn bedient hatten. Also bist du derjenige, der den Hammer im März abholen will, jetzt für 2800€, oder war das auch eine Lüge wie die gebotenen 3250? Ich habe ihm auf dem Preis gesagt, das er einen Liebhaber gefunden hat und bei dem Preis nicht nein sagen solle. Was ja offensichtlich eine richtige Einschätzung war. Das wäre ja richtig mies, wenn er den jetzt zum Zwischenverkauf anbietet, ein Wort ist ein Wort.



"Was deine Präferenzen betrifft, würde ich mich eher auf den 34er KB1 festlegen. Diese robuste Brot und Butter-Maschine kann ich nur uneingeschränkt empfehlen! Ob so ein Hammer dann 2000,- oder 2500,- ,evtl. aber auch 3000,- kostet, finde ich persönlich bei einer Maschine dieser Qualitätsklasse eher nebensächlich, vorausgesetzt der Zustand ist wirklich ok. Aufpassen sollte man meiner Meinung nach hier nur, dass der Hammer auch von Kuhn hergestellt wurde, wenn er noch unter der alten Vertriebsbezeichnung "Reiter" gelabelt ist. Diese Hämmer wurden auch von Berger hergestellt, allerdings mit für mein persönliches Empfinden nicht an die Qualität von Kuhn heranreichender technischer Umsetzung. Auskunft über die genaue Maschinenherkunft kann dir anhand der Maschinennummer hier die Firma Angele geben, welche mittlerweile die gesamte Ersatzteilversorgung und das Firmenarchiv von Kuhn übernommen hat (Kuhn selber hat die Fabrikation von Lufthämmern leider eingestellt)."

Den Hammer kenne ich ja schon, ich fand die Hartmänner nur extrem ansprechend, da ich auch noch aus der Region komme. Also sollte er Reiter/Kuhn sein und kein Berger, wie aktuell hier im Marktplatz für 6500€ angeboten wird? Am liebsten hätte ich einen älteren, blauen mit Flachführung, das wäre einfacher zu reparieren. Wie schätzt du die Hämmer ein? Fährst du immer hin oder lässt du dir Fotos von den wichtigen Bauteilen/Regionen machen?

 

Vielen dank für die Antwort!

 

Gruß!

 

5. Januar 2020 um 14:25
Hallo,

zu deiner Frage bezüglich des 45er Hartmanns aus den Kleinanzeigen habe ich noch keine Zusage abgegeben, und zwar weder was den finalen Preis, noch den angeblichen Abholtermin im März betreffen sollte....
Für mich ist dieses Projekt bis jetzt noch völlig offen, da- wie ich bereits ja schon erwähnt hatte- mein Blick auch noch auf einen 50er Hartmann gerichtet ist. 
Was das Besichtigen von Gebrauchtmaschinen betrifft: Meine Erfahrung ist die, dass man vor Ort eigentlich fast immer etwas an den Maschinen findet, was einem nicht gefällt. Von daher ist eine Anreise zum Objekt der Begierde in jedem Fall empfehlenswert! 
Zu den Hämmern von Kuhn: Die von dir angesprochene alte Bauart des Kb 1 mit der Flachführung hat den entscheidenden Nachteil, dass diese Hämmer noch kein freies Bärende hatten, bei welcher der Keil überstehen konnte. Der Obersattel wird hier noch in die Bärführung eingezogen, was später zum Glück geändert wurde. Leider wurde dabei dann auf die Flachführung verzichtet. Allerdings verrichten auch die späteren Nachfolgemodelle zuverlässig ihren Dienst. Ersatzteile sind fast alle noch erhältlich, und falls nicht, kann man den Rest anfertigen lassen (oder fertigt selbst an). Der KB 1 hat maschinenbautechnisch den großen Vorteil, dass dieser Hammer vom Aufbau her genial einfach ist.

Grüße! 
Zuletzt bearbeitet: 6. Januar 2020 um 16:21, Sebastian
5. Januar 2020 um 14:57

Hallo,

 

naja was erwartet man sonst, außer Märchen.

 

Um ehrlich zu sein finde ich die Lösung mit der Flachführung robuster und einfacher zu reparieren. Mein Meister hat einen mit Nut, diese hat schon gut gelitten. Ich habe einen Schnellhobler+Bandsäge in der Schmiede, damit sollen wohl die passenden Keile und Gesenke machbar sein. Die Mausschmiede hat so einen ja mal überarbeitet, da ist wirklich nicht viel dran, einfach genial gemacht.

 

Gruß!

Zuletzt bearbeitet: 5. Januar 2020 um 23:08, fretless85