Amboss von Söding&Halbach von 1906

13. Mai 2021 um 00:17
Hallo zusammen, 
vielleicht könnt ihr mir/uns weiterhelfen. Ich helfe einer Freundin von mir die Werkstatt ihres verstorbenen Mannes aufzulösen und dabei haben wir einen Amboss von Söding&Halbach von 1906 "gefunden". Wenn ich die KG Zahl richtig erkannt habe, ist diese bei 152Kg. Meine Bekannte möchte den Amboss gern veräußern, wir wissen aber nicht, was dieser Wert ist. Über Rückmeldungen würden wir uns sehr freuen, weil wir beide nicht vom Fach sind. Ein paar Foto habe ich auch angefügt.Vielen Dank! Nadin
13. Mai 2021 um 19:28
Nadin,

eine Bewertung, ohne den Amboss selbst gesehen zu haben, ist ganz schwierig! 

Sicher ist es ein handgemachter Amboss; er wird unter den Hörnern und unter dem Fuß Vierkantlöcher haben. Das kann ein gutes Zeichen sein, aber solche Ambosse können auch Fehler haben. Bei Eurem ist offenbar die Härtung bzw. das Anlassen mit der Restwärme nicht perfekt gewesen, daher ist die Kante ausgebrochen.

Du kannst die Qualität des Ambosses selbst mit einer dicken Kugellagerkugel prüfen: Wenn Du sie aus ca. 40 cm Höhe auf die Bahn fallen lässt, sollte sie fast genauso hoch zurückspringen. Mit einem Stahllineal kannst Du die Bahn in Längs- und Querrichtung prüfen. Ein guter Amboss ist nicht 'eingeschlagen', sondern (ziemlich) eben. Dass ein Amboss keine Risse haben darf, versteht sich von selbst.

Details kann ich auf den Fotos nicht erkennen, aber wenn er sonst einigermaßen in Ordnung ist, könnte man € 500.-- bis 600.-- als Größenordnung für den Preis ansetzen. Sicher sollte man auch den Preis für einen neuen Amboss mit vergleichbarem Gewicht zur Orientierung heranziehen. Eine Überholung im Ambosswerk (Refflinghaus macht das) kostet auch einiges, ebenso der Transport hin und zurück. 

Ich würde in einem solchen Fall auch immer daraufschauen, wer den Amboss bekommt. Einem engagierten, kenntnisreichen, sensiblen Jungschmied könnte man preislich etwas entgegenkommen, weil er den Amboss vermutlich gut behandeln und erhalten würde, finde ich!

Freundliche Grüße

Jean
Zuletzt bearbeitet: 13. Mai 2021 um 19:30, Jean Collin
13. Mai 2021 um 22:25
20210417_114352.jpgHallo Jean, 
vielen Dank für die ausführlichen Informationen. Ich werde mal die vorgeschlagenen Tests durchführen und bin auf das Resultat gespannt. Anbei auch ein Foto von den Vierkantlöchern.
Viele Grüße
Nadin
Zuletzt bearbeitet: 13. Mai 2021 um 22:26, Nadin Bühling
14. Mai 2021 um 18:06
Bei Eurem ist offenbar die Härtung bzw. das Anlassen mit der Restwärme nicht perfekt gewesen, daher ist die Kante ausgebrochen.

Man sieht viele ältere Ambosse mit ausgebrochenen Kanten. Ich würde daher nicht unbedingt von einem Fehler bei der Herstellung ausgehen, sondern eher von fehlerhafter Behandlung des Ambosses!
Der vorgeschlagene Preis ist sicher für einen Profi ok, aber da die meisten Ambosse heutzutage nicht von Profis, sondern von Hobbyschmieden gesucht werden, würde ich da noch etwas runtergehen. 400 bis 450€  halte ich durchaus für gerechtfertigt.
Außerdem sind (aus dem gleichen Grund) größere Ambosse im Verhältnis preiswerter als kleinere.
Übrigens ist das erste Foto nicht mehr zu sehen...
Gruß DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
16. Mai 2021 um 22:50
Vielen Dank für die Nachricht. Ich habe das Foto hier nochmal hochgeladen. 
Viele Grüße
Nadin

20210417_114329.jpg
Zuletzt bearbeitet: 16. Mai 2021 um 22:51, Nadin Bühling
20. Mai 2021 um 18:44
"Man sieht viele ältere Ambosse mit ausgebrochenen Kanten. Ich würde daher nicht unbedingt von einem Fehler bei der Herstellung ausgehen, sondern eher von fehlerhafter Behandlung des Ambosses!...."

Darin sehe ich keinen kausalen Zusammenhang. Woraus schließt Du denn auf fehlerhafte Behandlung, wenn viele Ambosse ausgebrochene Kanten haben? Was könnte man denn da falsch gemacht haben?

Ich muss doch bei (m)einem Amboss auf der Kante schmieden können, z.B. beim Absetzen! Wenn er das nicht verträgt, ist etwas am Amboss nicht in Ordnung. 

Bei den handgemachten Ambossen treten zahlreiche Fehler auf, die einfach durch die mangelnde Temperaturkontrolle bedingt und oft gar nicht vermedbar waren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man Schweißfehler an oder unter der Stahlplatte findet, abgebrochene (Eck-)Hörner, zu weiche oder zu harte Bahnen usw. Der Fehler, den man am leichtesten korrigieren kann, ist die zu hohe Härtung.

Freundliche Grüße

Jean
20. Mai 2021 um 18:59
Moin,

Ich hab mehrere Soedings&H. ab 1889 . Die sind allgemein recht hart. Wenn sie in der Schmiede stehen, eigendlich unkaputtbar!
Aber in der 2ten Lebenshaelfte in der Heimwerkergarage reicht ein Schlag daneben oder kaltes draufrumpruegeln um krumme Rasenmaehermesser zu richten und die Kanten splittern aus.
Kommt also vor, auch ohne Werksfehler! Habe da schon einiges trauriges gesehen.
P.s.: Ich waer auch so bei ca. 400 €uronen Preisvorschlag in dem Zustand.

Gruss
           Alex
Stahl---ist Männerknete!
Zuletzt bearbeitet: 20. Mai 2021 um 19:05, Alex Metz -Dorpsmedt-
22. Mai 2021 um 15:38
Alex,

meinst Du damit, dass Ambosse im Laufe ihrer nutzbaren Zeit härter und damit spröder würden? Das wäre neu für mich. Einen metallurgisch erklärbaren Ansatz sähe ich nur in einer Kaltverfestigung, aber die geht nicht so tief in das Material hinein.

Allerdings beobachte ich, dass viele Hobby-Schmiede ihre Hammerköpfe nicht auf 280°C anlassen, damit sie nicht ganz so hart sind wie die Ambossbahn. Stattdessen wird mit besonders harten (oft nicht einmal passend geschliffenen) Steinbruch- und Maurerfäusteln auf dem Amboss herumgeklopft, was bei unzureichender Präzision natürlich Spuren (= Dellen) hinterlässt, nicht aber notwendigerweise ausgebrochene Kanten. 

Freundliche Grüße

Jean
22. Mai 2021 um 22:38
Moin!

Ich sehe 400€ auch als gerechtfertigt an, auch wenn ich sie selber für solch einen Amboss auch nicht bezahlen würde. 
Meinen 100kg S&H in böhmischer Form von 1882 habe ich beispielsweise für 100€ bekommen - und der ist im gleichen Zustand!
Hier in der Gegend sind die Ambosse ohnehin mitunter recht günstig. Gerade ist wieder ein tadelloser Norddeutscher mit 100-150kg in Kleinanzeigen - für 300€! Aber selbst der ist bereits seit einigen Tagen drin, normalerweise gehen die schnell weg.
Sprich, man sollte sich im klaren sein, dass man möglicherweise nicht so viel dafür bekommt, wie gerechtfertigt wäre. Ich würde aus Sicht des Käufers für "deinen" Amboss beispielsweise nur 250€-300€ ansetzen. Aber ich weiß nicht, wie es da preislich in deiner Gegend aussieht. Allgemein kann man aber sagen, dass die Preise stark schwanken. Du könntest sicher 400€ bekommen, aber das kann dauern. Wenn du bereit bist, den Amboss über ein halbes Jahr in Kleinanzeigen zu stellen - kein Thema, das wird sicherlich gehen!


Zu den S&Hs: Der Landwirt, dem ich den Amboss abgekauft habe, meinte zu mir, dass er wohl früher in einer Schmiede stand. Vor dem zweiten Weltkrieg hat sein Großvater ihn wohl gekauft, der aber nie darauf geschmiedet hat. Der Amboss wurde lediglich für das kalte Richten von Bauteilen landwirtschaftlicher Gerätschaften verwendet.... ich denke auch, dass er vorwiegend daher seine Gebrauchsspuren hat! 

Grüße Jan
22. Mai 2021 um 22:55
Servus Jan,
wäre schön, ein Foto von Deinem S&H zu sehen. Vllt. magst ja mal eins einstellen...
Es gibt manchmal aber eher selten auch Schnäppchen von Menschen die nicht auf den letzten Cent aus sind - die allgemeinen Marktpreise sind mittlerweile anders. Auch für schlechte Exemplare werden von "Liebhabern" Preise bezahlt, die für echte Schmiedefans irre erscheinen.
Zumindest ist das bei uns so - die aufgerufenen Preise sind in entsprechender Höhe angesiedelt...ob die jemand ausgibt steht auf einem anderen Blatt.
Der angebotene Amboß steht auch bei Kl.Anz. zum Verkauf und es scheinen sich keine Schlangen zu bilden...

Sorry, aber in diesem Zustand würd ich den für 400 nicht kaufen, lieber abwarten, da kommt was Besseres....


Gruß
Fred
Unikate müssen nicht zwingend schön sein, nur einzigartig.

Zuletzt bearbeitet: 22. Mai 2021 um 23:50, Holledauer
23. Mai 2021 um 00:35
Hallo zusammen, 
danke für die zahlreichen Rückmeldungen. Ich hatte den Amboss das erste Mal eingestellt und man wollte diesen für 50€ noch am selben Tag abholen. Da mich das etwas stutzig machte, habe ich die Anzeige rückgängig gemacht und angefangen zu recherchieren. Deshalb bin ich auch auf das Forum gestoßen und habe viel dazu gelernt. Aktuell habe ich den Amboss wieder eingestellt, wie Fred richtig gesehen hatte und habe keine Preisvorstellung reingeschrieben. Einige Preisanfragen gab es schon, aber ich denke auch, dass der Amboss sicher nicht für 500€ weggehen wird. Da ich nur im Auftrag handle, muss ich es letztlich der Eigentümerin überlassen, wie weit sie preislich runtergehen möchte. 
Nochmals vielen Dank für die zahlreichen Nachrichten.
Viele Grüße
Nadin
23. Mai 2021 um 10:32
Moin Fred!
Fotos sind drin. Genauso sehe ich das auch! Mein Amboss war sicherlich auch ein ziemliches Schnäppchen - hab sogar einen 10kg Gusseisen Amboss als "extra" dazu bekommen ;)
Jetzt wo ich so drüber nachdenke - der Verkäufer ist mir da preislich sicher entgegen gekommen! Ich meine, er wollte anfänglich 250€ haben. Für den Zustand und durch den Umstand, dass ich Schüler war (noch bin) und dementsprechend finanziell nur sehr eingeschränkt bin, wollte ich aber nicht so viel ausgeben, woraufhin er dann preislich runtergegangen ist. Ich meine ca. 200€ waren es. Als ich den Amboss abgeholt habe und wir noch ein wenig gequatscht haben, meinte er sowas wie "Ach komm, gibst mir einfach 100 für das alte Teil und gut ist. Dann findet er noch eine gute Verwendung."

Also sicherlich nicht marktüblich, aber bestimmt auch keine allzu große Seltenheit.

Die Preise sind bei uns auch nicht niedrig! Es stehen auch welche drin für 700€+, aber die stehen teilweise halt seit über einem Jahr drin. Die Mehrheit geht aber für 300-400 weg.

Da stimme ich dir zu - da kommt was besseres ;) So richtige Kracher sind zwar selten, kommen aber vor - ich erinnere mich gut an einen gut erhaltenen 250kg Süddeutschen für 250€, der vor einem Jahr drin war.
Grüße!DSC_0200.jpgDSC_0202.jpgDSC_0203.jpgDSC_0205.jpg
23. Mai 2021 um 12:30
Servus Jan,
schnell, danke.
schönes altes Teil hast da erstanden. Hat sicher schon einiges über sich ergehen lassen müssen, der gute. Besonders gelitten haben wohl die Kanten - die Bahn scheint noch einigermaßen gerade...nicht immer sind scharfe Kanten von Vorteil und ein paar Stellen sind - wenns drauf ankommt - ja noch da.
Fürs Hobby kann man damit sicher seinen Spaß damit haben.

Wünsch Dir viel Freude damit und paß gut auf ihn auf.

@ Nadin - verkauft den Amboß nicht unter Preis. Wenn die Zeit da ist, wird der "richtige" kommen! Ich würde ihn nicht unter 400 verkaufen auch wenn ich das aufgrund einer gewissen "Amboß-Sättigung" nicht ausgeben würde! 
Es wird sich sicher ein Liebhaber finden.

Grüße aus der Holledau

Fred
Unikate müssen nicht zwingend schön sein, nur einzigartig.

Zuletzt bearbeitet: 23. Mai 2021 um 12:43, Holledauer
23. Mai 2021 um 12:51
Moin Fred,
ja, der hat schon einiges mit gemacht. Das Horn wurde anscheinend auch vor langer Zeit einmal längs geschweißt. Vielleicht wurde da eine besonders tiefe Kerbe wieder aufgefüllt. Für´s Hobby auf jeden Fall toll - aber ich halte immer die Augen auf nach weiteren Ambossen ;) Ich wollte ihn tatsächlich mal aufschweißen, habe aber keine Ahnung, wie das geht und es dementsprechend auf Anraten eines Freundes zum Glück auch gelassen.

Genau so würde ich das auch raten. Ein Käufer findet sich sicher, aber das dauert halt seine Zeit. Aber dafür kann man sich recht sicher sein, dass jemand, der 400€ ausgibt, den Amboss auch gut behandeln wird. Zudem gibt es meine ich sogar Sammler, die speziell S&H suchen - das habe ich aber nur mal irgendwo gehört, weiß also nicht, ob es wirklich so stimmt.

Grüße von der Weser!