1.4112 schmieden?

20. Februar 2013 um 15:33
Hallo zusammen

 

Wie realistisch ist es denn, 1.4112 mit einem 1,5 oder 2 kg Hammer am Amboss (ohne Zuschläger) zu einer Messerklinge zu schmieden oder ist der nicht rostende Stahl einfach zu warmfest um da was zu bewirken.

Solle das aussichtslos sein, kann hier ein Zuschläger weiterhelfen oder ist da ohne Maschinenhammer nichts bewegt?

1.4112 deshalb, weil da noch ein Stück in der Werkstatt rumliegt.

Beste Grüße

Flo

20. Februar 2013 um 19:42
Wie dick ist denn das Stück?
So ein Stahl ist gefühlt schon deutlich schwerer zu schmieden als z.B. Karbonstahl.
Aber bei einer passenden Stärke solltes du das schon bewerkstelligen können.
Ich habe einmal ein Messer für Fleischmaschinen (1.4034 oder SB1) umgeschmiedet. Obwohl das stück schon beinahe Messerformen hatte (7mm Dicke) hat das ganz schön gedauert.
Wenn es einen Durchmesser von mehreren Zentimetern hat: Vergiss es oder schneide das Stück etwas dünner vor dem Schmieden.
Jim Hrisulas schreibt dazu, das sich rostfreie Stähle sich mit einem 2,5 Kg hammer so schnell ausschmieden lassen wie Kohlenstoffstahl mit einem 1,5 kilo Hammer, andere sprechen von 3-4 mal langsamer.

Wichtig bei rostfreiem Stahl ist ein besonders sauberes Feuer,
das du langsam ausschmiedest und die Temperaturbereiche genau einhälst.
(Die gefahr das der Stahl beim schmieden reißt ist sehr viel höher als bei Carbon-Stahl.)
Der Temperaturbereich ist etwas höher als bei Carbon-Stählen, da der hohe Chromgehalt die Rot-Härte verstärkt.
Gegen überhitzen ist er wohl auch empfindlich, Gelb könnte schon zu viel sein.
Edit: zumindest schreiben das erfahrene Messerschmiede, die Spezifikationen sprechen von höheren Schmiedetemperaturen.
Ich hab damals geschaut, das ich bei Orange bis Kirschrot die hauptarbeit erledigt habe.

Grüße,
Eisenbrenner
Zuletzt bearbeitet: 20. Februar 2013 um 20:25, Eisenbrenner
21. Februar 2013 um 08:42
Hi Eisenbrenner

Danke schon mal für die Info. Das deckt sich in etwa mit dem was ich bisher gelesen hab, von unmöglich bis machbar.

Das Teil das ich (natürlich nicht als Ganzes) schmieden möchte, ist ein Ring mit einem Innendurchmesser von ca 255 mm und einer Materialstärke von ca. 15 mm. Müsste also von diesen 15 mm auf ca 4-5 mm runterschmieden.
Und da wollte ich halt zuvor fragen ob hier jemand schon praktrische Erfahrung mit ähnlichen Stählen hat.
Aber gut, ich bin am Samstag eh mit einem Freund in der Schmiede, evtl. hat der ja Lust, das zusammen, 2 kg Hammer und 10 kg Vorschlaghammer zu probieren. Wenn das nicht klappt, geht die Welt auch nicht unter, aber wenns von Haus aus Unsinn ist, dann lass ich das lieber gleich.
Das Teil gabs für Mau. Ist also bei einem Fehlversuch nicht viel hin.

Viele Grüße
Flo
21. Februar 2013 um 18:50
Hi Flo,

hier schon mal geblättert?

Sollte klappen da der Stahl austenitisch wird und damit bei Rotglut zumindest vom Gefüge dem normalen Baustahl bei Rotglut gleichkommt, erheblich fester bleibt er natürlich. Aus meiner Sicht sollte da kein Problem mit Überhitzen entstehen, im Gegenteil. Wenn du zu kalt arbeitest wird der Kohlenstoff im Chrom des Stahls als Carbid gebunden und ist de facto "weg". Bei hohen Temperaturen lösen sich dic Karbide wieder auf. Ich find die 1050°C die der Hersteller zum Glühen vor dem Härten (siehe ZTU-Schaubild im Link) angibt sind ein guter Anfang. Villeicht kann ja jemand hier die 1050°C in ne Glühfarbe "umrechnen", ich kanns nicht ...

Berichte mal wie es geworden ist mit dem Stoff! Hab damit auch schon geliebäugelt aber leider nichts davon da...

Stück davon,

Jonny

11. Januar 2021 um 11:17
Fall es noch von Interesse ist, kann ich meine Erfahrungen mit 4112 hier mal teilen:

lässt sich relativ gut schmieden ( ist natürlich ganz schön warmzickig ) aber bitte nicht mehr als hell orange erhitzen. Bei Ürehitzung ist das ganze Teil schnell zerbröselt. Also lieber etwas niedriger mit der Temperatur. Wenn die Farbe raus ist auch unbedingt aufhören mit dem Schmieden, sonst bekommst du Risse....
Ich habe einmal eine Klinge daraus geschmiedet und sie nicht fertig bekommen. Dann habe ich beim nächsten Schmieden die Schneide erwärmt um sie weiter auszuschmieden. Der Erl war allerdings noch nicht warm und beim ersten Schlag ist mir dann die glühende Klinge direkt am Auge vorbei geflogen. Also Vorsicht. Nicht nur partiell erwärmen, der Stahl ist nach Luftabkühlng schon sehr hart. Abschrecken in Öl und Anlassen im Backofen klappt gut. Die Klinge nicht zu dünn, man sollte schon 0,5-1mm herunterschleifen damit die Klinge auch rostfrei ist. 

Viel Erfolg

Frank 
12. Januar 2021 um 07:05
Die viel interessantere Frage ist doch: was passiert nach dem Schmieden? Bist du denn in der Lage den Stahl angemessen wärmezubehandeln? 1000-1050°c ist auch für mich mit Härteofen echt sportlich. Das ist kein Stahl bei dem man das per Glühfarbe und Magnet macht. Und auch das Anlassen möchte temperaturgesteuert passieren. Und denk dran, zu oft Erwärmen und Abkühlen kann bei dem C-Gehalt zum Einformen von Chromkarbiden führen. Dann kriegst du den Stahl nur noch schwer "rostfrei". 
12. Januar 2021 um 17:17
Korrekt, ohne vernünftigen Härteofen wird das wohl eher nichts.
Ich habe mir aber schon mal geholfen indem ich ein billiges Temperaturmessgerät mit Typ-K-Fühler für max 1100°C auf der Klinge platziert habe. Das ist allerdings nicht so einfach wie es sich anhört. Die Lebensdauer solcher China-Teile ist natürlich sehr begrenzt und die Genauigkeit kann ich natürlich nicht beurteilen. Es hat aber funktioniert

mfg

Frank